Stellungnahme
des BBU zum Entwurf der Verordnung
über die Verwertung von Siedlungsabfällen aus dem Gewerbe(Gewerbeabfallverordnung
- GewAbfV)
Auf der Anhörung
des BMU am 31. 08. 2001 gab Herr Oliver Kalusch als Vertreter des
BBU e.V. folgende Stellungnahme ab:
I. Grundsätzliche
Einschätzung
Der vorliegende Entwurf der
GewAbfV wurde anscheinend aus Anlass des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts
vom 15. 6. 2000 (3 C 4/00) vorgelegt. Jedoch stellen weder die Verfahrensweisen
vor und nach dem BVerwG-Urteil noch die durch den Entwurf der GewAbfV
zukünftig angestrebte Rechtslage ökologisch befriedigende
Alternativen dar.
Vor Erlass des BVerwG-Urteils
war es den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (u.
a, auf der Grundlage des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes
vom 3. 2. 1998; 20 ZB 98.196) möglich, gegenüber Unternehmen
die Überlassung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle,
die sich sowohl aus Abfällen zur Verwertung wie auch aus Abfällen
zur Beseitigung zusammensetzten, durchzusetzen, indem diese Mischabfälle
als Abfälle zur Beseitigung eingestuft wurden. Eine Ausnahmeregelung
existierte nur, falls die Abfälle von den Unternehmen in eigenen
Anlagen beseitigt werden sollten und keine Überlassung an die
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aus überwiegenden
öffentlichen Interessen geboten war (§ 13 Abs. 1 S. 2 KrW-/AbfG).
Eine allgemeine Pflicht zur Abfalltrennung an der Anfallstelle existierte
nicht, so dass nicht zwangsläufig der verwertbare Teil der
Abfälle auch real verwertet wurde.
Im BVerwG-Urteil vom 15. 6.
2000 wurde entschieden, dass Abfälle, die ohne Verstoß
gegen Trennungsgebote vermischt worden sind, dann keine Abfälle
zur Beseitigung sind, wenn sie überwiegend verwertbar sind
und einer Verwertung zugeführt werden. Insbesondere wurde darauf
verwiesen, dass es kein generelles Vermischungsverbot, sondern lediglich
ein relatives Getrennthaltegebot gäbe, bis der Gesetzgeber
von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat, Rechtsverordnungen
gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG bzw. § 12 Abs. 1 Nr.
1 KrW-/AbfG aufzustellen. Bis dahin habe eine Vermischung als zulässig
zu gelten. Eine derartige Vermischungsmöglichkeit ist aus ökologischen
Gründen abzulehnen, da sie insbesondere eine stoffliche Verwertung
erschwert. Da diese Mischabfälle nicht automatisch Abfälle
zur Beseitigung sind, wurden die Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger, Abfälle zu erhalten und ihren eigenen
Anlagen zuzuführen, zudem reduziert.
Der nun vorgelegte Verordnungsentwurf
enthält unter anderem Anforderungen an die Getrennthaltung
von Abfallfraktionen aus dem Gewerbebereich.
Diese Regelungen stellen allerdings
keine ausreichende Lösung dar, da ein in das KrW-/AbfG aufzunehmendes
grundsätzliches Vermischungsverbot für alle Abfälle
und Branchen geboten wäre, um eine umweltverträgliche
Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Eine derartige Änderung
des KrW-/AbfG sollte mithin umgehend erfolgen.
Insoweit der Entwurf dazu dient,
den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern mehr Abfälle
zukommen zu lassen und ihre Anlagen auszulasten, wäre eine
derartige Lösung unzureichend. Zur Deregulierung der Abfallwirtschaft
trägt in erheblichem Maß die Möglichkeit der Verbrennung
von Abfällen in industriellen Anlagen bei. Eine Konzentration
auf die Anlagen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger
kann nur bei Untersagung einer derartigen Abfallmitverbrennung erreicht
werden. Daher sind insbesondere § 27 Abs. 1 S. 2,3 KrW-/AbfG zu
streichen. Dies wäre auch aus Gründen des Immissionsschutzes
geboten.
Insofern die Gewerbeabfälle
nicht am Anfallort getrennt werden, wird auch ihre weitere Verwertung
in der Verordnung geregelt. Innerhalb dieser Regelungen finden sich
insbesondere Bestimmungen, die den Trend in Richtung Müllverbrennung
fortsetzen oder verstärken. Derartige Bestimmungen im Verordnungsentwurf
werden abgelehnt. Erforderlich ist vielmehr eine Privilegierung
der Wiederverwendung und stofflichen Verwertung, insofern diese
nicht darin besteht, Stoffe lediglich in bestehende thermische Prozesse
einzubringen (beispielsweise bei Hochöfen, Zementwerken etc.).
Da der vorliegende Verordnungsentwurf diesem Anspruch nicht gerecht
wird bzw. notwendige Änderungen des KrW-/AbfG ausstehen, ist
er in der vorliegenden Form abzulehnen.
II. Detailanalyse
Unabhängig von der grundsätzlichen
Einschätzung sind insbesondere die folgenden Kritikpunkte hervorzuheben.
1. Grundsatz der Getrennthaltung
von Abfallfraktionen
§ 3 Abs. 1 GewAbfV enthält
die Liste der Abfälle, die getrennt zu halten, zu lagern, zur
Sammlung bereitzustellen, zu befördern und einer Verwertung
zuzuführen sind. Da sich im Einzelfall ergeben kann, dass eine
zusätzliche oder differenziertere Trennung erforderlich oder
sinnvoll ist, sollte die zuständige Behörde ermächtigt
werden, eine weiterführende Getrennthaltung im Einzelfall anordnen
zu können. Eine entsprechende Regelung ist in § 3 Abs. 1 GewAbfV
aufzunehmen.
Die in § 3 Abs. 2 GewAbfV festgelegte
Ausnahmeregelung zur Befreiung von den Pflichten des § 3 Abs. 1
GewAbfV ist insbesondere hinsichtlich des Kriteriums der "wirtschaftlichen
Zumutbarkeit" zu unbestimmt. Es sollte abschließend und eindeutig
geklärt werden, wann eine Getrennthaltung als wirtschaftlich
unzumutbar anzusehen ist, um zu verhindern, dass über diesen
generalklauselartigen Tatbestand die Bestimmungen des § 3 Abs. 1
GewAbfV umgangen werden.
2. Vorbehandlung gemischter Siedlungsabfälle
aus dem Gewerbe
Falls ein Ausnahmetatbestand
gemäß § 3 Abs. 2 GewAbfV vorliegt, können Erzeuger
und Besitzer Siedlungsabfälle aus dem Gewerbe gemäß
§ 3 Abs. 3 Alt. 1 GewAbfV nach Maßgabe des § 5 einer Vorbehandlungsanlage
zuführen. Dieses Gemisch darf keine gefährlichen Abfälle
enthalten und nur Abfälle gemäß dem Anhang zur GewAbfV,
insofern sie nicht mehr als fünf Masseprozente ausmachen, enthalten.
Nur derartige Abfälle dürfen gemäß § 6 Abs.
1 GewAbfV von Vorbehandlungsanlagenbetreibern angenommen werden.
Diese Regelung ist grundsätzlich positiv zu bewerten.
Abzulehnen ist jedoch die Regelung
des § 6 Abs. 2 GewAbfV. Danach ist die Vorbehandlungsanlage grundsätzlich
so zu betreiben, dass eine Verwertungsquote Q von 85 Massenprozent
im Mittel eingehalten wird. Q berechnet sich dabei nach
Q = (I - A - B) * 100 /I, wobei
- Q die Verwertungsquote in
Masseprozent,
- I die Masse an Abfällen,
die der Vorbehandlungsanlage zugeführt wird,
- A die Masse an Abfällen,
die aus der Vorbehandlungsanlage einer Verwertung auf Deponien
zugeführt wird und
- B die Masse an Abfällen,
die aus der Vorbehandlungsanlage einer Beseitigung zugeführt
wird
bedeuten.
Diese Definition der Verwertungsquote
begünstigt die Abfallverbrennung. Um einen möglichst hohen
Anteil der stofflichen Verwertung sicherzustellen ist die Definition
von A durch
- "A die Masse an Abfällen,
die aus der Vorbehandlungsanlage einer Verwertung in Abfallverbrennungsanlagen
oder Abfallmitverbrennungsanlagen zugeführt wird"
zu ersetzen und ein geeigneter
Grenzwert von Q festzulegen, da eine Abfallverbrennung nicht als
hochwertige und umweltfreundliche Verwertung anzusehen ist. Da gemäß
der Begründung zu § 5 GewAbfV eine Verwertung auf Deponien
für die im Anhang zur Verordnung aufgeführten Abfälle
ohnehin eine Ausnahme darstellt, würde sich durch einen derartigen
Parameteraustausch lediglich eine Verschiebung hin zu einer stofflichen
Verwertung ergeben. Diese ist einer Abfallverbrennung vorzuziehen.
3. Verbrennung gemischter Siedlungsabfälle
aus dem Gewerbe
Wenn ein Ausnahmetatbestand
gemäß § 3 Abs. 2 GewAbfV vorliegt, können Erzeuger
und Besitzer Siedlungsabfälle aus dem Gewerbe gemäß
§ 3 Abs. 3 Alt. 2 GewAbfV nach Maßgabe des § 7 GewAbfV einer
energetischen Verwertung ohne vorherige Vorbehandlung zuführen,
wobei bestimmte Stoffe, die in § 7 S. 1 GewAbfV aufgeführt
sind, nicht im Abfallgemisch enthalten sein dürfen. Betreiber
einer Verbrennungsanlage dürfen gemischte Siedlungsabfälle
aus dem Gewerbe gemäß § 8 GewAbfV nur annehmen, wenn
diese Abfälle die ausgeschlossenen Stoffe nicht enthalten.
Eine Regelung, die die Abfallverbrennung
- wenn auch nur in eingeschränkter Form - vorsieht, wird abgelehnt.
Die §§ 7, 8 GewAbfV und die entsprechenden Regelungen im KrW-/AbfG
sollten daher zugunsten von Regelungen zur Bevorzugung einer stofflichen
Verwertung gestrichen werden.
4. Nicht verwertbare Siedlungsabfälle
aus dem Gewerbe
Die in § 9 GewAbfV vorgesehene
Getrennthaltung nicht verwertbarer Siedlungsabfälle ist zu
befürworten. Allerdings wird auch für diese Abfälle
zur Beseitigung eine anschließende Verbrennung abgelehnt.
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