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Stellungnahme zum Entwurf zweier Gesetze und einer Verordnung zur Einführung des PRTR-Protokolls und Durchführung der E-PRTR-Verordnung
Stand der Entwürfe: 28.03.2006

Als Vertreter des BBU gab Herr Oliver Kalusch folgende Stellungnahme ab:

Die zur Stellungnahme übermittelten Entwürfe

  • des Gesetzes zu dem Protokoll vom 21. Mai 2003 über Schadstofffreisetzungs- und verbringungsregister,
  • des Gesetzes zur Ausführung des Protokolls über Schadstofffreisetzungs- und verbringungsregister vom 21. Mai 2003 sowie zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 166/2006 sowie
  • einer Verordnung zur Änderung von Vorschriften über Emissionserklärungen und Emissionsberichte

sollen insbesondere dazu dienen, auf EU-Ebene ein integriertes Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (PRTR) in Form einer öffentlich zugänglichen elektronischen Datenbank zu schaffen. Zusätzlich soll ein nationales für die Öffentlichkeit frei und unentgeltlich zugängliches, internetgestütztes Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister errichtet und unterhalten werden. Dadurch soll die Beteiligung der Öffentlichkeit bei umweltrelevanten Entscheidungen unterstützt und ein Beitrag zur Vermeidung und Verringerung der Umweltverschmutzung geleistet werden.

Der von der EU vorgesehene Umfang der Informationen für das Europäische PRTR ist zu gering für eine aussagekräftige Information der Öffentlichkeit. Das nationale Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister sollte daher nicht identisch gestaltet sein, sondern um wesentliche Informationen erweitert werden. Diese können bei der Internetpräsentation über eine Substruktur bzw. entsprechende Links problemlos in die von der EU vorgesehene Struktur integriert werden. Die Bereitstellung einer Internetstruktur, die über die für das Europäische PRTR zu übermittelnden nationalen Daten hinaus weitere Informationen für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, begegnet keinerlei europarechtlichen Bedenken.

Die Verordnung (EG) Nr. 166/206 wie auch § 2 Abs. 2 Nr. 1 des nationalen Umsetzungsgesetzes stellen als unterste Differenzierungseinheit auf die Betriebseinrichtung ab. Gemäß Art. 2 Nr. 4 der europäischen Verordnung besteht eine Betriebseinrichtung aus "einer oder mehreren Anlagen am gleichen Standort, die von der gleichen natürlichen oder juristischen Person betrieben werden". Eine Anlage ist dabei gemäß Art. 2 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 166/206 eine "ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I der Verordnung genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und Auswirkungen auf Emissionen und Umweltverschmutzung haben".

Der Bezug auf "Betriebseinrichtungen" ist zwar hinsichtlich der Anwendung der in der EU-Verordnung aufgeführten Kapazitätsschwellenwerte (Anhang I) und der Berücksichtigung aller Freisetzungsquellen (Anhang II) sinnvoll, da er eine Flucht aus den Berichtspflichten durch eine Zergliederung des Standorts verhindert. Die "Betriebseinrichtung" sollte jedoch nicht die unterste Differenzierungseinheit bei der öffentlichen Darstellung der Freisetzungen sein. Da der Begriff der Betriebseinrichtung in der Regel keine detaillierte Kenntnis über konkrete Tätigkeiten und einzelne Emissionsquellen zulässt, sollte sich die summarische Darstellung der Freisetzungen beim nationalen Register zumindest auf die einzelnen "Anlagen" beziehen, um eine differenzierte Beurteilung durch die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Die Pflicht zur Berichterstattung durch Betreiber bezieht sich auf Betriebseinrichtungen, in denen eine oder mehrere der in Anhang I der EU-Verordnung Nr. 166/206 beschriebenen Tätigkeiten durchgeführt werden und in denen zusätzlich die in Anhang I der Verordnung festgelegten Kapazitätsschwellenwerte überschritten werden (Art. 5 S. 1 der Verordnung).

Im Rahmen des nationalen Registers sollten zusätzlich entgegen der vorgesehenen 1:1-Umsetzung alle in Spalte 1 und 2 des Anhangs der 4.BImSchV aufgeführten Anlagen i.S.d. BImSchG von der Berichterstattungserstattungspflicht erfasst werden, da es sich hierbei regelmäßig relevante Emittenten handelt. Ausgenommen werden können explizit lediglich solche Anlagen, von denen im Normalbetrieb wie beim nicht bestimmungsgemäßen Betrieb/Störfall keine Freisetzungen in Luft, Wasser und Boden zu erwarten sind.

Gemäß Art. 2 Nr. 10 der EU-Verordnung Nr. 166/206 umfasst der Begriff der "Freisetzung" auch das versehentliche Einbringen von Schadstoffen in die Umwelt infolge menschlicher Tätigkeiten. Dadurch soll offensichtlich auch die Emission von Schadstoffen bei schweren Unfällen nachvollziehbar gemacht werden. Anlagen bzw. Betriebsbereiche, in denen sich schwere Unfälle ereignen können, sind jedoch nicht zwangsläufig vom Anhang I der Verordnung umfasst. Das nationale Register sowie die Berichtspflicht der Betreiber sollten daher auch auf Betriebsbereiche i.S.v. § 5a BImSchG, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 4 der 12. BImSchV genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten, ausgedehnt werden. Zudem sollte bei den Freisetzungen eine Aufschlüsselung nach Freisetzungen im Normalbetrieb und Freisetzungen beim nicht bestimmungsgemäßen Betrieb sowie beim Störfall erfolgen, um die Umweltrelevanz einer Anlage bei verschiedenen Betriebszuständen besser beurteilen zu können.

Eine Berichtspflicht des Betreibers ergibt sich gemäß Art. 5 S. 1 lit. a der EU-Verordnung außerdem nur bei Freisetzungen der in Anhang II der Verordnung aufgeführten Schadstoffe. Ihre Emission muss dazu die dort aufgeführten Schwellenwerte überschreiten.

Bei dem vorgesehenen nationalen Register sollten zusätzliche Informationen eingefordert und für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden:

  • Relevante Störfallstoffe wie Phosgen sollten berücksichtigt werden und ohne Mengenschwelle in das nationale Register aufgenommen werden.
  • Mit geeigneten Mengenschwellen sollten Summenparameter (z.B. sehr giftige und giftige Stoffe) aufgenommen werden, um zu erreichen, dass in ihrer Umweltrelevanz vergleichbare Substanzen in ihrer Gesamtheit erfasst werden.
  • Ist die Freisetzung bestimmter Schadstoffe aus einer Anlage bzw. Betriebseinrichtung explizit in einer Genehmigung geregelt, sollte sich die Berichtspflicht des Betreibers auch auf diese Substanzen erstrecken. Diese Daten sollten Inhalt des nationalen Registers werden.

Das nationale Register sollte bei der Präsentation im Internet zudem Links zu anderen relevanten Informationen aufweisen, damit sich die Bevölkerung ein umfassendes Bild der Emittenten und der von ihnen verursachten Auswirkungen machen kann. Hierzu gehören insbesondere:

  • Gemessene oder berechnete Immissionswerte im Umfeld der Betriebseinrichtung bzw. Anlage
  • Genehmigungen, nachträgliche Anordnungen, Sicherheitsberichte, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen und weitere relevante Dokumente der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden.

§ 2 Abs. 2, 3 des Gesetzes zur Ausführung des Protokolls über Schadstofffreisetzungs- und verbringungsregister vom 21. Mai 2003 sowie zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 166/2006 sollte dementsprechend geändert werden.