Stellungnahme
des BBU zum "Operationellen Programm Verkehrsinfrastruktur für
die fünf neuen Länder
Ziel
1 - in der Bundesrepublik Deutschland 2000-2006"
EU-Strukturfonds
für deutsche Ziele 1 / Gebiete 2000-2006 - Bundesprogramm "Verkehrsinfrastruktur"
05.01.2001
Für den BBU e.V., Karl-Heinz
Ludwig, Arbeitskreis Verkehr und Umwelt e.v., (UMKEHR)
Das in 3.5.1. und 4.4.
dargelegte Ziel, dass die umweltverträglichen Verkehrsträger
einen möglichst hohen Anteil am Modal Split übernehmen
sollen, unterstützt der BBU vollständig. Dies ist jedoch
nach unser Ansicht bei den Bundesverkehrswegeinvestitionen nur dann
zu erreichen, wenn die Mittelverteilung in Zukunft deutlich zugunsten
der Schiene verlagert werden.
Selbst die in der Koalitionsvereinbarung
proklamierte Angleichung der Mittel von Straße und Schiene,
die bis heute nicht erreicht worden ist, kann keine Verlagerung
von Anteilen am Modal Split bewirken, da die großzügige
und nachhaltige Ausgestaltung des Fernstraßennetzes in den
letzten fünf Jahrzehnten gegenüber der Entwicklung im
Schienennetz mit kontinuierlichem Abbau des Streckennetzes ein solches
Ungleichgewicht bei den Angeboten von Infrastruktur geschaffen hat.
Der Wettbewerbsvorteil der Straße ist über Jahrzehnten
ausgebaut worden, so dass eine finanzielle Gleichbehandlung von
Straße und Schiene im günstigsten Fall ein status quo
bei der Modal Split-Entwicklung bewirken würde.
Der
BBU lehnt daher die indikative Projekteliste des OP ab.
Die genannten zusätzlichen
ordnungspolitischen, fiskalischen, technischen und informatorischen
Maßnahmen reichen ebenfalls bei weitem nicht aus, um das über
Jahrzehnte entstandene Ungleichgewicht der Förderung zu egalisieren
bzw. sogar umzukehren, um eine Modal Split - Veränderung in
Richtung Schiene zu erreichen. Wir beschränken unsere Aussagen
hier auf das Verhältnis von Straße und Schiene, da die
Binnenschifffahrt trotz ihrer nicht zu vernachlässigendenGröße
im Güterverkehr unserer Ansicht nach keinen entscheidenen Einfluss
auf eine Veränderung des Modal Split haben kann.
Dies wird offensichtlich
vom OP Verkehrsinfrastruktur auch so gesehen, da der Anteil an den
Gesamtausgaben für Wasserstraßen nur bei 0,4% liegen
soll.
Bei den geplanten Ausgaben
im OP erhält der Straßenaus- und neubau mit 55,4% gegenüber
nur 43,3% für die Schieneninfrastruktur entgegen der Absicht
aus der Koalitionsvereinbarung und der Aussagen im OP wieder eine
deutliche Bevorzugung. Mindestens eine Umkehrung des Verhältnisses
wäre erforderlich, um der Schiene Vorrang zu gewähren.
Durch die Aufnahme bereits
beschlossener Projekte aus dem Bedarfsplan 1992 ist das Zusätzlichkeitsprinzip
der EU-Strukturfonds verletzt.
Der BBU hält die
Ziele der EU-Strukturfonds-Verordnung mit den im OP geplanten, fast
ausschließlich auf Infrastruktur-Ausbau konzentrierten Projekten,
für nicht erreichbar. Eine kleinteilige integrierte Förderung
regionaler Wirtschafts- und Verkehrskreisläufe wäre die
Alternative zu den vorgesehenen Großprojekten.
Die in 4.4. erfolgten
Bewertungen der verschiedenen Umwelteffekte zur Ermittlung eines
umweltfachlichen Nachhaltigkeitsindexes sind für den BBU nicht
nachvollziehbar:
· Beim Typ Bundesautobahn/Schnellstraße
sind in der Risikoeinschätzung jeweils die Erzeugung von neuem
Verkehr durch Angebotsverbesserung (=induzierter Verkehr) nicht
berücksichtigt worden. Dies trifft auf Bundesautobahnen wie
auf Ortsumgehungen zu - bei letzteren insbesondere dadurch, dass
Widerstände im Straßennetz durch Vermeidung der Ortsdurchfahrten
verringert werden. Unter Berücksichtigung dieses Faktors wären
die Risikoeinschätzungen insbesondere bei den Umwelteffekten
CO²-Emissionen, Energiebedarf und Lärmemissionen deutlich höher.
· Bei den Kompensationsmaßnahmen
beim Typ Bundesautobahn/Schnellstraße ist es nicht sachgerecht,
Maßnahmen aus nicht-verkehrlichen Bereichen einzubeziehen,
so z.B. die genannten Förderprogramme des Bundes und der Länder
zum Klimaschutz, da diese im wesentlichen nicht-verkehrliche Bereiche
betreffen. Völlig unverständlich ist die Einbeziehung
von Maßnahmen in anderen Kontinenten, wie dies mit großflächigen
Neuanpflanzungen von Wald vorgeschlagen wurde oder mit der Senkung
des Energieverbrauchs bei anderen Energieverbrauchern (Haushalte;
Industrie). Kompensationsmaßnahmen sind nur dann als solche
zu akzeptieren, wenn sie innerhalb des Bereiches liegen und im räumlichen
Bereich der Umwelteffekte bleiben.
· Die angeführte
Kompensationsmaßnahme "Geschwindigkeitsbegrenzung" ist ebenfalls
sehr fragwürdig, da Neu- und Ausbauten von Bundesautobahnen
und Bundesstraßen in der Tendenz zur Aufhebung von Geschwindigkeitsbegrenzungen
führen. Zudem ist die allgemeine Tendenz der Praxis an Bundesautobahnen,
die Geschwindkeitsbegrenzungen aufzuheben (siehe z.B. das Land Hessen).
· Beim Typ Ortsumgehungen
ist unabdingbar die Aufnahme des Rückbaus der Ortsdurchfahrten
als Kompensationsmaßnahme bei den Umwelteffekten CO²-Emissionen,
Energiebedarf, Lärmemissionen, Flächeninanspruchnahme
und Sekundärwirkungen. Nur damit kann wenigstens eine positive
Wirkung im Ort erreicht werden.
· Unter Berücksichtung
des induzierten Verkehrs bei der Risikoeinschätzung von Ortsumgehungen
und einer sachgerechten Darstellung der Kompensationsmaßnahmen
(wie oben dargelegt), ist der Umweltbeitrag zu beurteilen, so dass
der umweltfachliche Nachhaltigkeitsindex ebenfalls eindeutig negativ
ausfällt. Ein neutraler Beitrag bei den Lärmemissionen
ist nur bei Rückbau der Ortsdurchfahrt (= weitestgehende Verlagerung
des Durchgangsverkehrs auf die Ortsumgehung) zu erreichen.
· Die sachfremden Kompensationsmaßnahmen
(s.o.), die auch im Typ Schienenwege und Fließgewässer,
enthalten sind, sind hier ebenfalls zu streichen.
· CO²-Emissionen in der
Binnenschifffahrt: Die spezifischen CO²-Emissionen der Güterverkehrsträger
verhalten sich wie folgt: Schiene 41, Binnenschifffahrt 42 und Lkw
207 (jeweils g/tkm) (nach: Institut für Energietechnik und
Umweltschutz/TÜV Rheinland: Energieverbrauch und Emissionen
im Verkehrsbereich - Trend und Reduktionsszenario, in: Enquete-Kommission
"Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages,
1990)
· Den Eingriff in Fließgewässer
durch Ausbau hält der BBU für wesentlich folgenreicher
als bei der Risikoeinschätzung dargestellt, so dass im Umwelteffekt
Sekundärwirkungen ein negativer Beitrag entsteht.
· Unter Berücksichtigung
einer sachgerechten Darstellung der Kompensationsmaßnahmen
(wie oben dargelegt) im Typ Fließgewässerausbau ist der
umweltfachliche Nachhaltigkeitsindex allenfalls neutral.
Fazit zu Umweltbelange
und Nachhaltigkeit:
Die in 3.5.1. dargelegten
maßnahmespezifischen Ziele, dass hinsichtlich der Umweltwirkungen
insgesamt positive oder zumindest neutrale Wirksamkeiten der Vorhaben
angestrebt werden, läßt uns einen Großteil der
Vorhaben im Bereich Straßenbau und auch bei den Wasserstraßen
als nicht realisierungsfähig bewerten.
Die Projekte des OP sollten
einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen
werden.
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