Stellungnahme
zum Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung des UIG
(Stand
des Entwurfes: 01.04.04)
Als Vertreter des BBU gab Herr Oliver
Kalusch folgende Stellungnahme ab:
Gemäß dem Schreiben des BMU vom
1.4.2004 an den BBU dient der vorgelegte Gesetzentwurf zur Neugestaltung
des UIG der Anpassung an die zwingenden Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie
(Richtlinie 2003/4/EG).
Daher werden im Rahmen dieser Stellungnahme
insbesondere die folgenden Fragenkomplexe erörtert:
- Werden zwingende Bestimmungen der Umweltinformationsrichtlinie
zur Gewährung des Rechts auf freien Zugang zu Umweltinformationen
korrekt umgesetzt? Bestimmungen, die eine korrekte Umsetzung der
europarechtlichen Vorgaben nicht sicherstellen, sind abzulehnen.
- Resultieren Bestimmungen des UIG-Entwurfs
und des UIGKostV-Entwurfs, die geeignet sind, den freien Zugang
zu Umweltinformationen einzuschränken, aus den zwingenden
Bestimmungen der Umweltinformationsrichtlinie oder sollen diese
vom bundesrepublikanischen Gesetzgeber ohne zwingenden europarechtlichen
Grund eingeführt werden? Derartige Bestimmungen sind in der
Regel abzulehnen.
- Sind zusätzliche wichtige Bestimmungen,
die einer effektiven Wahrnehmung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen
dienen würden, aber nicht in der Umweltinformationsrichtlinie
aufgeführt sind, im Entwurf des Gesetzes zur Neugestaltung
des UIG vorgesehen? Soweit dies nicht erfolgt ist, sollten derartige
Bestimmungen aufgenommen werden.
I. Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 2 UIG)
Gemäß § 1 Abs. 2 UIG soll das
Gesetz nur für die informationspflichtigen Stellen des Bundes
und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen
Rechts gelten.
Bei einer solchen Beschränkung des Geltungsbereichs
besteht die Gefahr, dass es zu einer Vielzahl unterschiedlicher
UIG-Regelungen der Länder kommt und nicht sichergestellt ist,
dass der Mindeststandard des vorliegenden UIG-Entwurfs des Bundes
in den Ländern rechtlich festgelegt wird.
Daher sollte geregelt werden, dass das UIG
einerseits für den Bund und die Bundesländer gilt, die
Länder andererseits aber Regelungen einführen können,
die gegenüber dem UIG einen weitergehenden Informationszugangsanspruch
oder einen erleichterten Informationszugang enthalten.
II. Begriffsbestimmungen (§ 2 Abs. 2 UIG)
Die unter § 2 Abs. 2 Nr. 2 UIG genannten
Daten über Faktoren sind nur dann Umweltinformationen, wenn
sich die Faktoren auf die Umweltbestandteile i. S. d. § 2 Abs. 2
Nr. 1 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Dies entspricht
zwar Art. 2 Nr. 1 lit. b EU-RL 2003/4/EG. Jedoch stellt sich die
Frage, wie der Nachweis der sicheren oder wahrscheinlichen Auswirkung
im Einzelfall aussehen soll. Es besteht die Gefahr, dass in der
Praxis bei Zweifelsfällen die Nachweispflicht dem Informationsbegehrenden
aufgebürdet wird, der damit in der Regel überfordert sein
dürfte.
Der Halbsatz "die sich auf die Umweltbestandteile
im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken"
sollte daher durch den Halbsatz "bei denen die informationspflichtige
Stelle nicht sicher ausschließen kann, dass sie sich auf die
Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder auswirken
können" ersetzt werden.
Zu den Umweltinformationen i. S. d. § 2 Abs.
2 UIG sollten auch Beurteilungsmaßstäbe (z. B. Grenz-
und Richtwerte) einschließlich der Ableitungen, mit deren
Hilfe sie erstellt wurden, explizit hinzugefügt werden. Gerade
bei Schadstoffkonzentrationen, Abständen von Industrieanlagen
etc. kommt dem Nachweis, ob bzw. in welchem Maß diese Beurteilungsmaßstäbe
geeignet sind, die Umweltbestandteile i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1
UIG oder den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit
i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 6 UIG zu bewerten oder zu schützen,
eine zentrale Bedeutung zu. Darlegungen, die eine Einschätzung
erlauben, ob solche Beurteilungsmaßstäbe naturwissenschaftlich
korrekt und willkürfrei getroffen wurden bzw. welche Wertentscheidungen
bei ihrer Festlegung getroffen wurden, sind eine Voraussetzung zur
Einschätzung des Zustands der Umweltbestandteile sowie der
menschlichen Gesundheit und Sicherheit durch einen Antragsteller.
Die Möglichkeit einer derartigen Erweiterung
des Begriffs der Umweltinformationen ergibt sich aus Art. 176 EGV
sowie Erwägungsgrund 24 der EU-RL 2003/4/EG.
III. Informationsberechtigte (§ 3 Abs.
1 S. 1 UIG)
Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 UIG haben
nur (natürliche oder juristische) Personen einen Anspruch auf
freien Zugang zu Umweltinformationen. Dies geht zwar auf den Begriff
des Antragstellers i. S. d. Art. 2 Nr. 5 EU-RL 2003/4/EG zurück.
Diese Festlegung erscheint aber dennoch nicht sachgemäß
und fällt hinter den "Jedermann-Begriff" des § 4
Abs. 1 S. 1 UIG a. F. zurück.
So sind auch Personenvereinigungen i. S.
d § 11 Nr. 2 VwVfG ("Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht
zustehen kann") bei der derzeit in Kraft befindlichen Fassung
des UIG anspruchsberechtigt. Diese Personenvereinigungen, zu denen
insbesondere BürgerInneninitiativen, die nicht in der Form
einer juristischen Person organisiert sind, zählen, wären
bei der Neufassung des UIG nicht mehr anspruchsberechtigt.
Wenn von Betroffenen Organisationsformen,
die nicht juristische Personen sind, zur Verfolgung ihrer ökologischen
Ziele gewählt werden, sollte dies seitens des Bundesgesetzgebers
im Interesse der Bürgernähe und der Förderung umweltpolitischen
Engagements weiterhin akzeptiert und respektiert werden. Abzulehnen
ist der Aufbau zusätzlicher Hürden im Rahmen der Neufassung
des UIG. Daher sollte die Passage "Jede Person" in § 3
Abs. 1 S. 1 UIG durch "Jede Person oder Personenvereinigung"
ersetzt werden.
Die Möglichkeit dieser Erweiterung des
Begriffs des Informationsberechtigten ergibt sich aus Art. 176 EGV
und Erwägungsgrund 24 der EU-RL 2003/4/EG.
IV. Freier Zugang zu Umweltinformationen
(§ 3 Abs. 1 S. 1 UIG)
Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 UIG soll
jede Person freien Zugang zu Umweltinformationen haben. Der Begriff
des freien Zugangs ist im UIG-Entwurf nicht legaldefiniert. Lediglich
in der Begründung des Entwurfs findet sich die Passage: "Durch
die Hervorhebung der ‚Freiheit’ des Zugangs wird verdeutlicht, dass
es für die Geltendmachung des Informationsanspruchs, wie im
geltenden Recht, keiner Darlegung eines rechtlichen Interesses bedarf.
‚Frei’ ist somit im Sinne von ‚voraussetzungslos’ zu verstehen."
Art. 3 Abs. 1 EU-RL 2003/4/EG stellt nicht
nur auf das entbehrliche rechtliche Interesse ab, sondern erwähnt
explizit, dass Antragstellern Umweltinformationen zugänglich
zu machen sind, ohne dass sie ein Interesseegal welcher Art - darlegen
müssen. Diese Zielsetzung wird durch Erwägungsgrund Nr.
8 der Richtlinie noch einmal hervorgehoben.
Aus Gründen der Klarheit und einer richtlinienkonformen
Umsetzung sollte daher nach § 3 Abs. 1 S. 1 UIG der Satz "Der
Nachweis eines Informationsinteresses ist nicht erforderlich"
eingefügt werden.
V. Unberührtheitsklausel (§ 3 Abs.
1 S. 2 UIG)
Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 UIG bleiben
andere Ansprüche auf Informationszugang durch das UIG unberührt.
Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das UIG selbst
durch Regelungen in anderen Gesetzen eingeschränkt wird.
Hier stellt sich beispielsweise die Frage
nach dem Verhältnis des Bundesarchivgesetzes und der Bundesarchiv-Benutzungsverordnung
zum UIG.
Zwar sieht § 5 Abs. 1 S. 2 BArchG vor, dass
weitergehende gesetzliche Rechte unberührt bleiben; jedoch
ergibt sich aus der Systematik, dass sich dies nur auf die Nutzung
von Archivgut im Hinblick auf die Verkürzung der Regelsperrfrist
von 30 Jahren bezieht.
§ 6 S. 1 Nr. 1 BArchG beinhaltet eine Verordnungsermächtigung
in Bezug auf die Benutzung von Archivgut beim Bundesarchiv. Diese
Rechtsverordnung ist in Form der Verordnung über die Benutzung
von Archivgut beim Bundesarchiv erlassen worden. Die BArchBV enthält
dabei wesentlich restriktivere Regelungen als das UIG bzw. die Umweltinformationsrichtlinie.
Der Benutzungsantrag ist unter genauer Angabe
von Thema und Zweck der Nachforschung schriftlich zu stellen (§
3 Abs. 1 BArchBV). Die Umweltinformationsrichtlinie schließt
eine derartige Darlegung als Voraussetzung für einen Zugang
zu Umweltinformationen aus. Im UIG wird zudem die Schriftform nicht
verlangt.
Weiterhin entscheidet das Bundesarchiv über
die Art der Benutzung (§ 2 Abs. 1 S. 2 BArchBV). Das UIG sieht hingegen
als Regelfall das Wahlrecht des Antragstellenden vor
(§ 3 Abs. 2 S. 1, 2 UIG).
Gemäß § 6 S. 1 Nr. 1 BArchG besteht
zudem eine Verordnungsermächtigung in Bezug auf Vorschriften
über Gebühren und Auslagen für die Benutzung von
Archivgut beim Bundesarchiv. Die Gebühren sind dabei unter
Berücksichtigung des Benutzungszwecks nach dem Personal- und
Sachaufwand, den die Benutzung des Bundesarchivs verursacht, zu
bestimmen
(§ 6 S. 2 BArchG).
Zwar sieht auch das UIG gemäß
§ 12 Abs. 1 S. 1 UIG eine Erhebung von Kosten (Gebühren und
Auslagen) vor. Jedoch können einer Kostenerhebung einschränkende
Tatbestände des UIG entgegen stehen. Insbesondere werden für
die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte
(§ 12 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 UIG) sowie für die Einsichtnahme in
Umweltinformationen vor Ort (§ 12 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 UIG) keine
Kosten erhoben. Das BArchG kennt keine derartigen Ausnahmetatbestände.
Auch im UIG ist im Fall einer Gebührenerhebung
für die Übermittlung von Umweltinformationen der Verwaltungsaufwand
zu berücksichtigen. Jedoch wird die Gebührenbemessung
dadurch eingeschränkt, dass diese keine Höhe erreichen
darf, die geeignet wäre, die antragstellende Person von der
Inanspruchnahme des Informationsrechts abzuhalten (§ 12 Abs. 2 UIG).
Eine derartige Beschränkung der Gebührenhöhe ist
im BArchG nicht erkennbar.
Angesichts der deutlich schlechteren Position
eines Antragstellers nach dem BArchG im Vergleich zum UIG sollte
daher klargestellt werden, dass in anderen Normen verankerte Informationszugangsrechte
und -regelungen einen UIG-Anspruch nicht verdrängen oder verändern
können. Daher sollte nach § 3 Abs. 1 S. 2 UIG der Satz eingefügt
werden. "Rechte einer Person nach diesem Gesetz bleiben
von Regelungen anderer Gesetze und Verordnungen unberührt."
Falls die Möglichkeit einer Verdrängung
oder Veränderung des UIG durch andere Rechtsnormen nicht sicher
ausgeschlossen werden kann, besteht die Gefahr dass in der Umweltinformationsrichtlinie
nicht vorgesehene Bedingungen für den grundsätzliche Zugang
zu Umweltinformationen eingeführt würden (wodurch Art.
3 EU-RL 2003/4/EG verletzt würde) oder zusätzliche Ablehnungstatbestände
eröffnet würden (wodurch Art. 4 EU-RL 2003/4/EG verletzt
würde). In beiden Fällen wäre keine richtlinienkonforme
Umsetzung mehr ersichtlich.
VI. Art des Informationszugangs (§ 3 Abs.
2 UIG)
Gemäß Art. 3 Abs. 4 Uabs. 1 EU-RL
2003/4/EG hat ein Antragsteller grundsätzlich einen Anspruch
darauf, dass ihm Umweltinformationen in einer bestimmten Form oder
einem bestimmten Format zugänglich gemacht werden. Ausnahmetatbestände
sind in Art. 3 Abs. 4 Uabs. 1 EU-RL 2003/4/EG aufgeführt.
Der Begriff der "Form" oder des
"Formats" wird in der Richtlinie mehrfach erwähnt,
ist aber weder im Rahmen der Begriffsbestimmungen (Art. 2 EU-RL
2003/4/EG) noch an anderer Stelle der Richtlinie legaldefiniert.
§ 3 Abs. 2 S. 2 UIG spricht hingegen von
der "Art" des Informationszugangs. Auch hierbei mangelt
es an einer eindeutigen Begriffsbestimmung. Es stellt sich daher
bereits die Frage ob mit den europäischen Begriffen und der
nationalen Formulierung die gleichen Sachverhalte erfasst werden
sollen.
Dass die Begriffe "Form
oder Format" bzw. "Art" das Medium umfassen, durch
welches die Umweltinformationen übermittelt werden und bezüglich
dessen grundsätzlich ein Wahlrecht besteht, wird einerseits
durch die explizite Formulierung in Art. 3 Abs.. 4 Uabs. 1 lit.
a EU-RL 2003/4/EG "beispielsweise als Kopie" und die Aufzählung
in § 3 Abs. 2 S. 1 UIG "Auskunftserteilung, Gewährung
von Akteneinsicht" klar. Hierbei wird durch die Hinzuziehung
des englischen Textes der EU-RL 2003/4/EG deutlich, dass sich der
Begriff der Form auf das Medium bezieht. So heißt es dort
nicht "beispielsweise als Kopie" sondern "including
in the form of copies".
Es würde jedoch verfehlt sein, den Begriff
des "Formats" oder der "Art" auf das Übermittlungsmedium
zu beschränken. So umfasst der in der englischen Fassung der
EU-RL 2003/4/EG verwendete Begriff "format" begrifflich
im Englischen nicht nur die Organisationsstruktur eines Datenträgers
sondern auch einen Geschehensablauf innerhalb einer Organisation.
Damit sind ebenfalls die näheren Umstände der Informationsübermittlung
relevant. So müssen auch Ort und Zeit der Informationsübermittlung
geeignet sein, einem Antragsteller eine effektive Wahrnehmung seines
Informationszugangsrechts zu ermöglichen. Daher sind ebenfalls
die Rahmenbedingungen der Informationsübermittlung unter die
Begriffe "Format" und "Art" zu subsumieren,
so dass Antragstellern grundsätzlich diesbezüglich ein
Wahlrecht zusteht. Dem deutschen Begriff "Art" fehlt es
hier an der erforderlichen Klarheit. Er sollte daher – auch im Interesse
einer richtlinienkonformen Umsetzung - in den Begriffsbestimmungen
eindeutig definiert werden.
Weiterhin ist zu beachten, dass die EU-RL
2003/4/EG und das UIG ein "Jedermann-Recht" darstellen
und keine Bevorzugung spezieller Berufsgruppen ermöglichen.
Diese Ansicht wird in Praxis derzeit nicht immer geteilt. Wenn informationspflichtige
Stellen es Rechtsanwälten ermöglichen, Akten bei ihnen
nicht nur einzusehen und vor Ort zu kopieren, sondern auszuleihen
und in ihren Kanzleien zu lesen und gegebenenfalls zu kopieren,
ist es nicht einsehbar, warum dies anderen Antragstellern versagt
werden sollte. Im UIG sollte klar herausgestellt werden, dass eine
Herausgabe von Originalakten nur dann nicht erfolgen kann, wenn
konkrete Hinweise hinsichtlich der Unzuverlässigkeit der Person
des Antragstellers in Bezug auf die ordnungsgemäße Behandlung
dieser Informationsträger bestehen. Der (fehlende) Beruf eines
Antragstellers sollte hingegen keine Angemessenheit i. S. d. Art.
3 Abs. 4 Uabs. 1 lit. b EU-RL 2003/4/EG begründen können,
die die Ablehnung einer bestimmten Art und Weise der Informationsübermittlung
nach sich ziehen würde.
VII. Abweichungen von der beantragten
Art des Informationszugangs
(§ 3 Abs. 2 S. 2 UIG)
Im Fall der Ablehnung einer beantragten Art
des Informationszugangs kommt gemäß der UIG-Begründung
zu § 3 Abs. 2 UIG der bescheidenden Behörde lediglich ein Auswahlermessen
hinsichtlich solcher Informationsmittel und -arten zu, die eine
gleiche Informationseignung besitzen.
Eine derartig klare Formulierung enthält
§ 3 Abs. 2 UIG nicht. So besagt § 3 Abs. 2 S. 2 UIG lediglich, dass
ein beantragter Informationszugang nur aus gewichtigen Gründen
auf eine andere Art eröffnet werden darf. An § 3 Abs. 2 S.
2 UIG sollte daher der Halbsatz "die eine gleiche Informationseignung
besitzt" angefügt werden.
VIII. Bestimmtheit des Antrags (§ 4 Abs.
2 S. 1 UIG)
Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 UIG muss
der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen hinreichend bestimmt
sein. Dazu muss erkennbar sein, zu welchen Umweltinformationen der
Zugang begehrt wird. Wann dies in der Regel der Fall, lässt
der UIG-Entwurf offen. Das UIG sollte zumindest exemplarisch Kriterien
und Standardfälle einer hinreichenden Bestimmtheit aufführen.
Die mangelnde Bestimmtheit dieses Begriffs
kann insbesondere in den Fällen zum Problem werden, in denen
der Einblick in umweltrelevante Verwaltungsvorgänge oder Verfahrensakten
zu Vorhaben, die sich auf die Umwelt auswirken, begehrt wird, deren
Gegenstand dem Antragstellenden aber nur pauschal, jedoch nicht
im Detail bekannt ist. In solchen Fällen sollen nähere
Informationen gerade durch Einblick in die betreffenden Akten gewonnen
werden. Eine Konkretisierung des Antrags ist in der Regel weder
möglich noch zumutbar, da dem Informationsbegehrenden der Vorgang
im Einzelnen unbekannt ist.
Es sollte daher zumindest festgelegt werden,
dass eine pauschale Benennung von Akten oder Verwaltungsvorgängen
die Bedingung der hinreichenden Bestimmtheit in der Regel erfüllt.
IX. Maßnahmen zur Unterstützung
des Zugangs zu Umweltinformationen
(§ 7 Abs. 1 UIG)
Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 UIG haben
die informationspflichtigen Stellen Maßnahmen zu ergreifen,
um den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren Umweltinformationen
zu erleichtern. § 7 Abs. 1 S. 2 UIG bestimmt, dass die Stellen zu
diesem Zweck darauf hinzuwirken haben, dass Umweltinformationen,
über die sie verfügen, zunehmend in elektronischen Datenbanken
oder in sonstigen Formaten gespeichert werden, die über Mittel
der elektronischen Kommunikation abrufbar sind.
Grundsätzlich ist eine solche Umstellung
auf eine elektronische Speicherung und Kommunikation begrüßenswert.
Hinsichtlich bereits vorhandener Informationen
und Dokumente wird dieser Prozess je nach informationspflichtiger
Stelle erst mittel- bis langfristig abgeschlossen sein. Bezüglich
neuer Informationen und Unterlagen kann jedoch eine Umstellung bzw.
zusätzliche Bereitstellung in elektronischer Form (Speicherung
auf CD-ROM, DVD, Verfügbarkeit im Internet) je nach Stelle
kurz- bis mittelfristig erfolgen, so dass Informationsbegehrenden
Informationen kurzfristig auf Datenträgern bzw. per E-mail
oder unmittelbar über Homepages im Internet zugänglich
gemacht werden können.
Für die hierzu erforderliche organisatorische
Umstrukturierung fehlt ein klarer Zeitplan. Der Formulierung "wirken
darauf hin" mangelt es an der Verbindlichkeit, die die Umsetzung
sicherstellen würde. Insofern besteht hier die Gefahr eines
zukünftigen Vollzugsdefizits.
Daher sollte festgelegt werden dass Umweltinformationen,
die die informationspflichtigen Stellen nach dem Inkrafttreten der
Neufassung des UIG erhalten, auch in reproduzierbarer elektronischer
Form zu speichern sind. Um die Voraussetzungen hierfür zu schaffen,
wird diesen Stellen eine Übergangsfrist bis zum 14.2.2008 eingeräumt.
Auch angesichts zwangsläufig eintretender Verzögerungen
kann so sichergestellt werden, dass bis zum Berichtszeitpunkt des
Art. 9 Abs. 1 EU-RL 2003/4/EG (14.2.2009) wesentliche Fortschritte
hinsichtlich des Einsatzes elektronischer Mittel zur Informationsspeicherung
und -übermittlung, wie es auch Art. 3 Abs. 4 Uabs. 2 EU-RL
2003/4/EG vorsieht, erzielt werden.
Bezüglich der Umweltinformationen, die
informationspflichtigen Stellen vor dem Inkrafttreten der UIG-Neufassung
zugegangen sind, sollte gesetzlich festgesetzt werden, dass diese
Stellen konkrete Zeitpläne zu entwickeln haben, aus denen hervorgeht,
wann die Speicherung dieser "Altinformationen" auf elektronischen
oder sonstigen Speichermedien abgeschlossen ist und diese über
die Mittel der elektronischen Kommunikation abrufbar sind.
X. Praktische Vorkehrungen zur Erleichterung
des Informationszugangs
(§ 7 Abs. 2 UIG)
Gemäß § 7 Abs. 2 UIG haben die
informationspflichtigen Stellen praktische Vorkehrungen zur Erleichterung
des Informationszugangs zu treffen. Den in § 7 Abs. 2 UIG aufgeführten
Beispielen fehlt es allerdings an der erforderlichen Verbindlichkeit.
So wird in der Begründung der UIG-Neufassung ausgeführt:
"Diese Aufzählung enthält lediglich Regelbeispiele.
Welche praktischen Vorkehrungen die informationspflichtigen Stellen
zur Erleichterung des Informationszugangs treffen, steht in ihrem
Ermessen." Damit ist nicht sichergestellt, dass überhaupt
geeignete praktische Vorkehrungen getroffen werden.
Art. 3 Abs. 5 Abs. 5 lit. c EU-RL 2003/4/EG
enthält zwar ebenfalls eine lediglich exemplarische Aufzählung
praktischer Vorkehrungen, die sicherstellen sollen, dass das Recht
auf Zugang zu Umweltinformationen wirksam ausgeübt werden kann.
Allerdings wird auch verlangt, dass die Mitgliedstaaten dafür
Sorge tragen, dass diese praktischen Vorkehrungen festgelegt werden.
Eine solche Festlegung ist in der UIG-Neufassung nicht ersichtlich,
so dass Bedenken bzgl. einer richtlinienkonformen Umsetzung bestehen.
Aus diesem Grund sollten die Regelbeispiele
des § 7 Abs. 2 UIG als von den informationspflichtigen Stellen zwingend
umzusetzende praktische Vorkehrungen festgesetzt werden.
Eine Benennung von Auskunftspersonen oder
Informationsstellen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UIG) dürfte problemlos
kurzfristig möglich sein.
Eine Veröffentlichung von Verzeichnissen
über verfügbare Umweltinformationen (§ 7 Abs. 2 Nr. 2
UIG) setzt die Erstellung derartiger Verzeichnisse voraus. Derzeit
bestehende Verzeichnisse (z. B. über Genehmigungsunterlagen,
Verfahrensakten, Akten über Überwachungstätigkeiten)
können problemlos sofort veröffentlicht werden. Eine Erstellung
und anschließende Veröffentlichung sonstiger Verzeichnisse
kann sukzessive erfolgen.
Auch eine Veröffentlichung von Informationen
über behördliche Zuständigkeiten (§ 7 Abs. 2 Nr.
4 UIG) kann kurzfristig erfolgen, da diese Zuständigkeiten
in der Regel geklärt und in Gesetzen oder Verordnungen festgelegt
sind.
Hinsichtlich der Einrichtung öffentlich
zugänglicher Informationsnetze und Datenbanken dürfte
eine gewisse Zeit zur Umsetzung erforderlich sein. Im Zuge einer
effektiven Behördenzusammenarbeit können hier jedoch Gemeinschaftseinrichtungen
geschaffen und benutzt werden. Derartige Informationsnetze und Datenbanken
können bis zum 14.2.2008 für neu eingehende Umweltinformationen
geschaffen werden. Für die Aufbereitung der "Altinformationen"
können angemessene Übergangszeiträume festgesetzt
werden
XI. Ablehnungsgründe (§§ 8, 9 UIG)
Die im Entwurf der UIG-Neufassung aufgeführten
Ablehnungsgründe (§§ 8, 9 UIG) sollen gemäß der
UIG-Begründung zu "Abschnitt 3" Art. 4 Abs. 1, 2
EU-RL 2003/4/EG umsetzen. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Umsetzung
dieser Artikel keine Pflicht der Mitgliedsstaaten ist, sondern in
deren Ermessen gestellt ist. Dies wird erstens durch die Formulierung
"die Mitgliedsstaaten können vorsehen, dass ein Antrag
auf Zugang zu Umweltinformationen ... abgelehnt wird ..." deutlich.
Zudem stellt Erwägungsgrund 14 der Umweltinformationsrichtlinie
klar, dass deren Bestimmungen nicht das Recht der Mitgliedssaaten
berühren, Vorschriften einzuführen, die der Öffentlichkeit
einen breiteren Zugang zu Informationen gestatten als in der Richtlinie
vorgesehen.
Mithin kommt es bei der Umsetzung der EU-RL
2003/4/EG in nationales Recht nur darauf an, ob die einzelnen Ablehnungsgründe
sachlich gerechtfertigt sind. Dies ist bei einer Vielzahl der Gründe
nicht erkennbar.
1. Ablehnungsgründe zum Schutz öffentlicher
Belange (§ 8 UIG)
Eine Ablehnung eines UIG-Antrags hat zum
Schutz öffentlicher Belange dann zu erfolgen, wenn der jeweilige
Ablehnungstatbestand gegeben ist und keine Ausnahmeregelung eingreift.
a) Ablehnungstatbestände
aa) Nachteilige Auswirkungen auf die internationalen
Beziehungen
(§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt.
1 UIG ist ein Antrag abzulehnen, wenn die Bekanntgabe der Informationen
nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen hätte.
Eine solche Formulierung ist bereits wegen
ihrer mangelnden Bestimmtheit abzulehnen.
Auch die hierunter möglicherweise subsumierbaren
Fälle stehen einer derartigen Aufnahme entgegen.
So dient die Umweltinformationsrichtlinie
dem Umweltschutz in ganz Europa. Es ist daher nicht plausibel, dass
die internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten untereinander
ebenfalls von dieser Ausnahmeregelung erfasst werden.
§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 UIG beschränkt
sich auch nicht auf die Informationen über die Umwelt in fremden
Staaten, die bei inländischen Behörden vorhanden sind,
so dass deren Bekanntgabe als "Einmischung in innere Angelegenheiten"
aufgefasst werden könnte. Möglich ist vielmehr, negative
Auswirkungen anderer Staaten auf den Zustand der Umwelt in der BRD
oder negative Auswirkungen von staatlichen Stellen, Firmen oder
Privaten der BRD auf den Zustand der Umwelt in anderen Staaten unter
diesen Ausnahmetatbestand fallen zu lassen.
Angesichts der weltweiten und grenzüberschreitenden
ökologischen Probleme ist es sachgerecht, dass Staaten die
Verantwortung für den Zustand der Umwelt auf ihrem eigenen
Gebiet sowie die für die Auswirkungen, die durch die Tätigkeiten
ihrer Stellen, Firmen und Einwohner entstehen, übernehmen.
Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung gehört auch ein ungehinderter
Informationsfluss.
Der Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 1 S.
1 Nr. 1 Alt. 1 UIG sollte daher gestrichen werden.
bb) Nachteilige Auswirkungen auf die Verteidigung
(§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt.
2 UIG ist ein Antrag abzulehnen, wenn die Bekanntgabe der Informationen
nachteilige Auswirkungen auf die Verteidigung hätte.
Durch eine derartige Formulierung könnten
Informationen über potentiell kontaminiertes militärisches
Gelände (Kasernen, Truppenübungsstandorte, Militärflughäfen
etc.), über Lärmbelastungen durch Militärflugzeuge
oder über Manöverschäden jeglicher Art der Kenntnisnahme
durch die Öffentlichkeit entzogen werden.
Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich,
warum das Militär im Gegensatz zu anderen staatlichen Institutionen
von der Offenlegung verursachter Umweltschäden befreit werden
soll und sich somit einer gesellschaftlichen Debatte weitgehend
entziehen darf.
Der Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 1 S.
1 Nr. 1 Alt. 2 UIG sollte daher gestrichen werden.
cc) Nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit
(§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 3 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt.
3 UIG ist ein Antrag abzulehnen, wenn die Bekanntgabe der Informationen
nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen
Sicherheit hätte.
Der bundesrepublikanische Begriff der öffentlichen
Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der gesamten geschriebenen
Rechtsordnung, subjektive Rechte und Individualrechtsgüter
sowie den Bestand des Staates und seiner Einrichtungen. Eine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit ist schon bei einer drohenden
Verletzung irgendeines dieser Rechtsgüter gegeben. Insbesondere
würde jeder beliebige drohende Gesetzesverstoß die öffentliche
Sicherheit gefährden. Würde dieser Begriff zur Grundlage
eines Ablehnungsgrundes gemacht, würde daraus eine unübersehbare
Zahl von Ablehnungsgründen resultieren.
Dieses Problem wird auch nicht dadurch gelöst,
dass ein Ablehnungsgrund nur bei Vorliegen nachteiliger Auswirkungen
auf ein "bedeutsames Schutzgut" eröffnet wäre.
Denn angesichts des Fehlens einer klaren Definition des "bedeutsamen
Schutzguts" ist unklar, welche Schutzgüter als "bedeutsam"
und welche als "unbedeutsam" einzustufen sind. Daher besteht
die Gefahr, dass auf Grund eines unklaren und ausufernden Tatbestands
eine Generalklausel zur Verweigerung des Zugangs zu Umweltinformationen
eingeführt wird.
Die exemplarische Aufzählung in der
Begründung ("zu § 8. Abs. 1"), die "nachteilige
Auswirkungen auf bedeutsame staatliche Einrichtungen, die Funktionsfähigkeit
des Staates (z. B. durch die Preisgabe von Verfassungsschutzdaten),
Leben, Gesundheit und sonstige wichtige Allgemeingüter"
beinhaltet, kann die Problematik der Auswirkungen der unklaren Gesetzesformulierung
dabei nicht beheben.
Besonders schwerwiegend ist dies angesichts
der aktuellen Debatte über potentielle terroristische Angriffe.
Es ist die Tendenz festzustellen, Informationen über Atomkraftwerke,
Anlagen der chemischen Industrie etc. in weitem Umfang - unabhängig
von einer konkreten Bedrohungssituation - für derart sicherheitsrelevant
erklären lassen zu wollen, dass eine Informationsübermittlung
versagt wird. Wenn bereits die abstrakte Erhöhung einer Gefährdungslage
für das Schutzgut "öffentliche Sicherheit" -
die sich bei einer Bekanntgabe bisher unveröffentlichter Informationen
bereits aus prinzipiellen Gründen nicht ausschließen
lässt - ausreichend für eine Versagung eines Antrags sein
soll, kann dies dazu führen, dass das Informationsübermittlungsrecht
bezüglich besonders gefahrenträchtiger Anlagen ausgehebelt
wird.
Die Bezugnahme auf den bundesrepublikanischen
Begriff der "öffentlichen Sicherheit" dürfte
zudem einer richtlinienkonformen Umsetzung entgegenstehen. Zwar
führt auch Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit. b Alt. 2 EU-RL 2003/4/EG
den Begriff "öffentliche Sicherheit" als potentiellen
Ablehnungsgrund auf. Doch ist dieser nicht mit dem bundesrepublikanischen
Begriff identisch, sondern wesentlich enger gefasst. Eine Beeinträchtigung
der öffentlichen Sicherheit ist demnach nur gegeben, wenn eine
schwere und tatsächliche Gefährdung von Grundinteressen
der Gemeinschaft eintreten würde. Eine Beeinträchtigung
der öffentlichen Sicherheit im europarechtlichen Sinne dürfte
daher regelmäßig nur dann vorliegen, "wenn der Bestand
oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen
gefährdet erscheint". Aus Gründen der Klarheit und
richtlinienkonformen Umsetzung wäre es daher zumindest geboten,
diese Bedingung an die Stelle der "nachteiligen Auswirkungen
auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit"
treten zu lassen.
Allerdings stellt sich die Frage, welche
Übermittlung von Umweltinformationen geeignet wäre, den
Bestand oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner
Einrichtungen zu gefährden. Dass die Preisgabe umweltrelevanter
Verfassungsschutzdaten hierzu führen könnte, ist nicht
einsichtig. Angesichts dieser höchst hypothetischen und unwahrscheinlichen
Situation sollte der Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt.
3 UIG ersatzlos gestrichen werden.
dd) Nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit
von Beratungen
(§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG
ist ein Antrag abzulehnen, wenn die Bekanntgabe der Informationen
nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen
informationspflichtiger Stellen hätte.
Ein Ablehnungsgrund in dieser pauschalen
Form ist bereits abzulehnen, weil sich weder aus dem UIG noch der
Umweltinformationsrichtlinie klare Anhaltspunkte ergeben, wann die
Beratungen i. S. d. UIG vertraulich sind. Es ist davon auszugehen,
dass Behörden dazu neigen werden, nicht-öffentliche Beratungen
jeder Art als vertraulich zu bezeichnen. Da Behördenberatungen
allerdings im Regelfall nicht-öffentlich sind, liefe das Informationszugangsrecht
in diesem Punkt leer.
Die in der Begründung der UIG-Neufassung
dargestellte Auffassung – die keinen Niederschlag in der Formulierung
des UIG gefunden hat - wird abgelehnt. Danach soll die Vertraulichkeitsregelung
schriftliche oder mündliche behördliche Meinungsäußerungen
und Willensbildungen von Stellen der öffentlichen Verwaltung
schützen, soweit sie sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung
beziehen.
Dies soll von Beginn des Verwaltungsverfahrens
bis zur Entscheidungsfindung gelten, wobei unklar ist, ob lediglich
die Informationsübermittlung während dieses Zeitraums
ausgeschlossen ist, oder ob auch nach der Entscheidungsfindung Informationen
aus diesem Zeitraum nicht vom Übermittlungsanspruch erfasst
werden. Im letzteren Fall würde das UIG sogar hinter die Akteneinsichtsregelung
des § 29 VwVfG für Beteiligte im Verwaltungsverfahren zurückfallen,
was Sinn und Zweck einer Norm, die einen erweiterten freien Zugang
zu Umweltinformationen gewährleisten soll, widersprechen würde.
Aber auch im ersten Fall ist die Erforderlichkeit
einer derartigen Auslegung nicht ersichtlich. Insofern der Regelung
des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG eine Berechtigung zukommen soll, kann
diese nur darin liegen, dass die Arbeitsfähigkeit der Behörde
oder ihre Aufgabenerfüllung gesichert sein muss. Nur dann,
wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen
Aufgaben nachweislich gefährdet wäre, wobei die Gefährdung
schwer sein und mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten muss, kann
die Vertraulichkeit der Beratungen ein solches Gewicht bekommen,
dass eine Ablehnung des Informationsübermittlungsantrags gerechtfertigt
wäre. An diese, die Ausnahmeregelung einschränkenden Tatbestände
knüpft § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG aber gerade nicht an, so dass
der Ausnahmetatbestand in dieser Form abzulehnen ist.
Gleichfalls nicht zuzustimmen bzw. missverständlich
ist der Formulierung in der Begründung: "Artikel 4
Abs. 2 lit. a 2003/4/EG Richtlinie ermöglicht eine Einschränkung
des Zugangs zu Umweltinformationen zum Schutz der Vertraulichkeit
der Beratungen von ‚Behörden’ im Sinne der Richtlinie solange
die Einschränkung durch eine gesetzliche Regelung, wie hier,
vorgesehen ist."
Gemäß Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit.
a EU-RL 2003/4/EG kann ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen
auf Grund negativer Auswirkungen der Bekanntgabe auf die Vertraulichkeit
der Beratungen von Behörden abgelehnt werden, "wenn eine
derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist".
Dies bedeutet, dass für diesen Ablehnungstatbestand
zwei Bedingungen kumulativ erfüllt sein müssen. Erstens
muss die Vertraulichkeit gewisser, näher definierte Beratungen
von Behörden durch Gesetz festgelegt sein. Eine beliebige Erklärung
der Vertraulichkeit genügt nicht. Zweitens muss die Vertraulichkeit
von Beratungen durch den jeweiligen Mitgliedstaat als Ablehnungsgrund
für einen UIG-Antrag festgelegt werden.
Im vorliegenden Fall ist zwar die zweite
Bedingung für das Eingreifen eines Ablehnungstatbestands erfüllt.
Hinzutreten muss jedoch, dass die jeweilige Beratung durch ein Fachgesetz
für vertraulich erklärt ist. Aus diesem Grund ist auch
§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG nicht richtlinienkonform oder zumindest
missverständlich. An § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG ist daher der
Halbsatz "wenn eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen
ist" anzufügen.
ee) Nachteilige Auswirkungen auf Verfahren
und Ermittlungen
(§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG
ist ein Antrag abzulehnen, wenn die Bekanntgabe der Informationen
nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden
Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren
oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitenrechtlicher
oder disziplinarrechtlicher Ermittlungen hätte. Dies entspricht
dem Inhalt von Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit. c EU-RL 2003/4/EG.
§ 7 Nr. 2 UIG a. F. knüpft hingegen
lediglich an die Daten an, die Gegenstand des jeweiligen Verfahrens
sind.
Um einem ausufernden Ausnahmetatbestand vorzubeugen,
sollten nicht alle Informationen, die nachteilige Auswirkungen hätten,
von § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG erfasst werden, sondern nur die Informationen,
die nachteilige Auswirkungen hätten und Gegenstand des jeweiligen
Verfahrens sind.
ff) Missbräuchlich gestellte Anträge
(§ 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG ist
ein Antrag abzulehnen, wenn er offensichtlich missbräuchlich
gestellt wurde. Dies entspricht Art. 4 Abs. 1 Uabs. 1 lit. b EU-RL
2003/4/EG.
Zwar werden in der Begründung des UIG-Entwurfs
("zu § 8 Abs. 2 Nr. 1") Beispiele für einen Missbrauch
aufgeführt. Jedoch mangelt es dem Gesetzestext an einer abschließenden
Aufzählung von Missbrauchstatbeständen. In der vorliegenden
pauschalen Form ist § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG geeignet, ein "Einfallstor"
für Ablehnungen darzustellen.
In der vorliegenden Form wird § 8 Abs. 2
Nr. 1 UIG daher abgelehnt.
gg) Interne Mitteilungen der informationspflichtigen
Stellen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG ist
ein Antrag abzulehnen, wenn er sich auf interne Mitteilungen der
informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 UIG bezieht.
Dies entspricht Art. 4 Abs. 1 Uabs. 1 lit. e EU-RL 2003/4/EG.
Der Begriff der internen Mitteilung hat weder
in der Umweltinformationsrichtlinie noch im UIG eine Legaldefinition
erfahren. Mithin stellt sich die Frage nach dem Anwendungsbereich
von § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG.
Insofern es sich bei internen Mitteilungen
lediglich um Verwaltungsinterna im eigentlichen Sinne handelt (d.
h. Mitteilungen, die die innere Organisation und Funktionsfähigkeit
der Verwaltung betreffen), ist bereits nicht ersichtlich, dass diese
zu den Umweltinformationen i. S. d § 2 Abs. 2 UIG gehören.
Insofern ein darüber hinausgehender
Datenaustausch inter- oder intrabehördlicher Art umfasst werden
soll, ist nicht ersichtlich, warum auch - im Gegensatz zum Fall
der Vertraulichkeit von Beratungen, die durch § 8 Abs. 1 S. 1 Nr.
2 UIG geschützt ist - nichtvertrauliche interne Mitteilungen
geschützt sind. Auch in diesem Fall wäre eine Ablehnung
nur vertretbar, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung
der behördlichen Aufgaben nachweislich gefährdet wäre,
wobei die Gefährdung schwer sein und mit hoher Wahrscheinlichkeit
eintreten muss.
Darüber hinaus stellt diese Regelung
noch einen Rückschritt gegenüber der Regelung des § 7
Abs. 2 Alt. 3 UIG a. F. dar. Danach soll ein diesbezüglicher
Antrag abgelehnt werden, nach der Neufassung des UIG ist er abzulehnen.
In der vorgesehenen Formulierung ist § 8
Abs. 2 Nr. 2 UIG daher abzulehnen und zu streichen.
hh) Material, das gerade vervollständigt
wird und noch nicht abgeschlossene Schriftstücke
(§ 8 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 1, 2 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr.4 Alt. 1,
2 UIG ist ein Antrag abzulehnen, wenn er sich auf die Zugänglichmachung
von Material, das gerade vervollständigt wird oder noch nicht
abgeschlossene Schriftstücke, bezieht. Dies entspricht Art.
4 Abs. 1 Uabs. 1 lit. d Alt. 1, 2 EU-RL 2003/4/EG.
Der Begriff des Materials, das gerade vervollständigt
wird und der Begriff des nicht abgeschlossenen Schriftstücks
haben weder in der Umweltinformationsrichtlinie noch im UIG eine
Legaldefinition erfahren. Mithin besteht die Gefahr, dass gesamte
Akten zu nicht abgeschlossenen Verwaltungsvorgängen unter diese
Begriffe subsumiert werden.
Dies würde jedoch dem Zweck der Regelung
entgegenstehen, lediglich den behördlichen Verarbeitungsprozess
vor Störungen und Unterbrechungen zu schützen. So soll
ein Blatt Papier dem bearbeitenden Beamten nicht durch eine Einsichtnahme
"vom Schreibtisch genommen werden können".
Es muss daher klargestellt werden, dass sich
der Begriff der "Vervollständigung" oder "fehlenden
Abgeschlossenheit" nur auf das jeweilige Schriftstück
bzw. die jeweilige Datei bezieht, nicht jedoch auf deren weitergehende
Verarbeitung oder den gesamten Vorgang in den sie eingebettet sind.
Vom Informationszugang können nur solche Dokumente ausgeschlossen
werden, die in sich noch einer Vervollständigung oder Bearbeitung
bedürfen.
Darüber hinaus stellt auch diese Bedingung
einen Rückschritt gegenüber der Regelung des § 7 Abs.
2 Alt. 3 UIG a. F. dar. Danach soll ein Antrag, der auf die Übermittlung
noch nicht angeschlossener Schriftstücke gerichtet ist, abgelehnt
werden. Nach der Neufassung des UIG ist er abzulehnen.
In der vorgesehenen Fassung ist § 8 Abs.
2 Nr.4 Alt. 1, 2 UIG daher abzulehnen.
jj) Noch nicht aufbereitete Daten (§ 8
Abs. 2 Nr. 4 Alt. 3 UIG)
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr.4 Alt. 3 UIG
ist ein Antrag abzulehnen, wenn er sich auf noch nicht aufbereitete
Daten bezieht. Dies entspricht Art. 4 Abs. 1 Uabs. 1 lit. d Alt.
3 EU-RL 2003/4/EG.
Der Begriff der noch nicht aufbereiteten
Daten hat weder in der Umweltinformationsrichtlinie noch im UIG
eine Legaldefinition erfahren. Hier ist eine Präzisierung notwendig.
Es muss klargestellt werden, dass nicht aufbereitete
Daten nur solche sind, deren technische Herstellung oder Bearbeitung
noch nicht abgeschlossen ist. Als klassisches Beispiel ist bei automatisch
aufgezeichneten Messdaten der Messvorgang zu nennen, der nicht unterbrochen
werden muss, um die Informationen zur Verfügung zu stellen.
Klarzustellen ist dabei erstens, dass sich
die fehlende Aufbereitung der Daten auf die konkreten Daten selbst
und nicht auf ihre weitere Verwendung im Datenverarbeitungsprozess
bezieht. Zweitens sind derartige Daten auch dann aufbereitet, wenn
ihre Bewertung noch nicht erfolgt ist.
Auch diese Regelung stellt einen Rückschritt
gegenüber der des § 7 Abs. 2 Alt. 3 UIG a. F. dar, da auch
hier eine "Soll-Regelung" durch eine "Muss-Regelung"
ersetzt wird.
§ 8 Abs. 2 Nr.4 Alt. 3 UIG ist daher änderungsbedürftig.
b) Gegenausnahmen
aa) Öffentliches Interesse
Eine Ablehnung der Bekanntgabe von Informationen
zum Schutz öffentlicher Belange scheidet dann aus, wenn das
öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Beurteilungskriterien
hierfür fehlen ebenso wie Regelbeispiele. Es ist daher zu befürchten,
dass dieser Einschränkung der Ablehnungsgründe nur eine
marginale Bedeutung zukommen wird.
Der Begriff des "überwiegenden
öffentlichen Interesses" sollte daher konkretisiert werden.
bb) Umweltinformationen über Emissionen
(§ 8 Abs. 1 S. 2 UIG)
Eine Ablehnung des Zugangs zu Umweltinformationen
über Emissionen kann gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 UIG nicht
unter Berufung auf die in § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 4 UIG genannten
Gründe erfolgen. Dies entspricht Art. 4 Abs. 2 Uabs. 2 S. 3
EU-RL 2003/4/EG.
Jedoch ist diese Einschränkung unzureichend.
So ist nicht einsehbar, warum diese Gegenausnahme
nicht auch auf § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG, § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG und
§ 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG ausgedehnt wird. Gerade der Tatbestand des
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG ist mit dem des § 8 Abs. 1 Nr. 2 UIG vergleichbar.
Nicht nachvollziehbar ist auch die Beschränkung
auf Emissionen. Sachlich kommt den anderen Faktoren des § 2 Abs.
2 Nr. 2 UIG die gleiche Bedeutung wie den Emissionen zu, so dass
hier eine rechtliche Gleichstellung geboten ist. Untrennbar hiermit
verbunden sind auch der Zustand von Umweltbestandteilen (§ 2 Abs.
2 Nr. 1 UIG) und der Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit
(§ 2 Abs. 2 Nr. 6 UIG), da sich die Emissionen dort als Immissionen
realisieren, sowie Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich
auf die Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG auswirken
oder wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 lit. a UIG), da
diese die Ursache von Emissionen sind.
Zumindest diese Umweltinformationen sollten
auf Grund des engen Sachzusammenhangs in die Gegenausnahme einbezogen
werden.
2. Ablehnungsgründe zum Schutz privater
Belange (§ 9 Abs. 1 UIG)
Die Regelungen über die Versagung von
Informationsübermittlungen gemäß § 9 Abs. 1 UIG
sind in der vorgesehenen Form abzulehnen.
Insbesondere sind die Ablehnungstatbestände
zu unkonkret formuliert, so dass hier die Möglichkeit einer
Ablehnung der Zurverfügungstellung von Umweltinformationen
in großem Umfang ermöglicht wird. Zudem bestehen Zweifel,
ob die gewählten Gesetzesformulierungen eine richtlinienkonforme
Umsetzung darstellen.
a) Ablehnungstatbestände
aa) Schutz personenbezogener Daten (§
9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG)
Gemäß Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit.
f EU-RL 2003/4/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass
ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn
die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf die Vertraulichkeit personenbezogener
Daten und/oder Akten über eine natürliche Person hätte,
sofern diese Person der Bekanntgabe der Informationen an die Öffentlichkeit
nicht zugestimmt hat und eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem
oder gemeinschaftlichem Recht vorgesehen ist.
§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG sieht bei einer
Nichtzustimmung des Betroffenen grundsätzlich die Ablehnung
des Antrags vor, wenn durch die Bekanntgabe der Informationen personenbezogene
Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich
beeinträchtigt würden.
Was unter personenbezogenen Daten i. S. d.
UIG zu verstehen ist, ist nicht legaldefiniert. Insbesondere ist
daher nicht klar, ob dabei lediglich Daten natürlicher oder
auch juristischer Personen erfasst werden sollen. Es bedarf daher
der Klarstellung, dass personenbezogene Daten lediglich Daten natürlicher
Personen umfassen, damit nicht über den möglichen Versagensgrund
des Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit. f EU-RL 2003/4/EG hinausgegangen
wird. Anderenfalls ist zu bezweifeln, dass eine richtlinienkonforme
Umsetzung vorliegt.
Zudem muss die Vertraulichkeit der personenbezogenen
Daten nach innerstaatlichem oder gemeinschaftlichem Recht vorgesehen
sein. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG stellt hierauf nicht mehr ab, sondern
macht die erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Betroffenen
zum Kriterium. Der Wegfall einer Bindung an eine gesetzliche normierte
Vertraulichkeit kann den Versagensgrund erheblich erweitern, so
dass hier nicht mehr von einer korrekten Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie
ausgegangen werden kann.
bb) Rechte am geistigen Eigentum (§ 9
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG)
Fraglich ist, welche Bedeutung dem Schutz
geistigen Eigentums in § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG zukommen soll,
das auch in Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit e EU-RL 2003/4/EG Erwähnung
findet.
So setzt der Schutz geistigen Eigentums häufig
gerade die Publizität voraus, wie das Patentrecht zeigt. Ein
Schutz durch das UIG käme in diesen Fällen nur in der
Zeit bis zum Wirksamwerden des Rechts in Betracht. Da es sich in
der Regel um geheime Daten handelt, dürfte in dieser Phase
der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gemäß
§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG greifen.
Mithin verbliebe nur das in § 9 Abs. 1 S.
1 Nr. 2 UIG aufgeführte Urheberrecht als Anwendungsfall. Gegenstand
des Urheberrechts im Zusammenhang mit Umweltinformationen werden
in der Regel Schriftwerke wissenschaftlichen oder technischen Inhalts
sein. In der Regel wird es bei Problemen des Urheberrechts im Bereich
des UIG nur um die Frage gehen, ob der Antragsteller Kopien von
Unterlagen erhalten darf, die ein Dritter angefertigt hat. Falls
man die Ansicht vertritt, das Urheberrecht stehe dem entgegen, ist
festzustellen, dass das UIG Dritten gerade die Prüfung von
Gutachten u.ä. in ihren Privaträumen mittels Ablichtungen
ermöglichen will. Daher wäre gerade diese Sperrwirkung
des Urheberrechts auszuschließen.
Es ist mithin nicht ersichtlich, dass es
ein Bedürfnis für den Ablehnungstatbestand des § 9 Abs.
1 S. 1 Nr. 2 UIG gibt. Er sollte ersatzlos gestrichen werden.
cc) Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse
(§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG)
Gemäß Art. 4 Abs. 2 Uabs. 1 lit.
d EU-RL 2003/4/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass
ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn
die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse
hätte, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches
Recht geschützt sind, um u. a. berechtigte wirtschaftliche
Interessen zu schützen.
§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG sieht bei einer
Nichtzustimmung des Betroffenen grundsätzlich die Ablehnung
des Antrags vor, wenn durch die Bekanntgabe der Informationen Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden.
Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses
wird weder UIG noch in der Umweltinformationsrichtlinie legaldefiniert
oder durch Bezugnahme auf andere Rechtsquellen bestimmt. Insofern
ist zu befürchten, dass ein ausufernder Versagenstatbestand
auf Grund einer unbestimmten Begriffsbildung erfolgt.
Zudem müssen die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse
durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt
sein. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG stellt hierauf nicht mehr ab, sondern
privilegiert jedes - auch rechtlich nicht geschütztes - Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnis. Diese Ausweitung kann den Versagensgrund
erheblich erweitern, so dass hier nicht mehr von einer korrekten
Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie ausgegangen werden kann.
Hinzu kommt, dass das Vorliegen eines Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnisses von der informationspflichtigen
Stelle in der Regel nicht mehr zu prüfen ist, soweit übermittelte
Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gekennzeichnet
sind. Dies ermöglicht es industriellen Unternehmen sich durch
eine einfache Kennzeichnung ihrer (den Behörden übermittelten)
Daten Informationen den Anforderungen des UIG entziehen. Daran kann
auch die mögliche Einzelfallprüfung des § 9 Abs. 1 S.
3 UIG im Grundsatz nichts ändern. § 9 Abs. 1 S. 3, 4 UIG sind
daher ersatzlos zu streichen. Bei einer Kennzeichnung von Informationen
als Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat vielmehr eine obligatorische
Einzelfallprüfung durch die informationspflichtige Stelle zu
erfolgen, insofern sich das Informationsübermittlungsbegehren
eines Antragstellers auch auf gekennzeichnete Unterlagen bezieht.
b) Gegenausnahmen
aa) Zustimmung des Betroffenen
Eine Informationsübermittlung bei Zustimmung
des Betroffenen begegnet keinen Bedenken.
bb) Öffentliches Interesse
Wie im Fall der Informationsübermittlung
aus Gründen des öffentlichen Interesses bei öffentlichen
Belangen ist auch hier festzustellen, dass Beurteilungskriterien
oder Regelbeispiele fehlen. Es ist daher zu befürchten, dass
dieser Einschränkung der Ablehnungsgründe nur eine marginale
Bedeutung zukommen wird. Der Begriff des "überwiegenden
öffentlichen Interesses" sollte daher konkretisiert werden.
cc) Umweltinformationen über Emissionen
(§ 9 Abs. 1 S. 2 UIG)
Eine Ablehnung des Zugangs zu Umweltinformationen
über Emissionen kann gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 UIG nicht
unter Berufung auf die in § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 UIG genannten
Gründe erfolgen. Dies entspricht Art. 4 Abs. 2 Uabs. 2 S. 3
EU-RL 2003/4/EG. Diese Einschränkung ist unzureichend.
So ist nicht einsehbar, warum diese Gegenausnahme
nicht auch § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG umfasst.
Abzulehnen ist auch die Beschränkung
auf Emissionen.
Sachlich kommt den anderen Faktoren des §
2 Abs. 2 Nr. 2 UIG die gleiche Bedeutung zu, so dass hier eine rechtliche
Gleichstellung geboten ist. Untrennbar hiermit verbunden ist auch
der Zustand von Umweltbestandteilen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG). Eine
Ablehnung des Zugangs zu derartigen Umweltinformationen auf der
Grundlage des § 9 Abs. 1 UIG sollte daher ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich des Zustands der menschlichen
Gesundheit und Sicherheit (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 UIG) mag aus Gründen
des Schutzes personenbezogener Daten Betroffener zwar ein Geheimhaltungsbedürfnis
bestehen. Dies ist aber in den Fällen des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr.
2, 3 UIG nicht ersichtlich. Eine Ablehnung des Zugangs zu derartigen
Umweltinformationen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2,
3 UIG sollte daher ausgeschlossen werden.
Maßnahmen und Tätigkeiten, die
sich auf die Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG
auswirken oder wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 lit. a
UIG) sollten ebenfalls, sofern sie sich auf Tätigkeiten im
Rahmen der Ausübung eines Gewerbes beziehen, von den Versagensgründen
des § 9 Abs. 1 UIG ausgeschlossen werden, da diese Maßnahmen
und Tätigkeiten die Ursache von Emissionen sind.
Derartig klare Ausnahmeregelungen sind insbesondere
erforderlich, um ein Gegengewicht zu den unbestimmten und möglicherweise
ausufernden Versagensgründen des § 9 Abs. 1 UIG zu schaffen.
3. Übermittlung von Umweltinformationen
durch private Dritte (§ 9 Abs. 2 UIG)
Gemäß § 9 Abs. 2 UIG dürfen
Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen
Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet
zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können und deren
Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten
hätte, grundsätzlich nicht zugänglich gemacht werden.
Ausnahmen bestehen bei einer Einwilligung des privaten Dritten,
bei überwiegenden öffentlichem Interesse an der Bekanntgabe
oder wenn die Übermittlung auf Informationen über Emissionen
gerichtet ist.
Ziel einer derartigen Regelung kann nur sein,
diejenigen Bürger zu schützen, die die Behörde über
eine drohenden oder bereits erfolgte Umweltgefahr oder -schädigung
unterrichten. Nicht schützenswert sind hingegen informelle
Kontakte zwischen Behörden und Vorhabensträgern oder Unternehmen
(in der Regel juristische Personen), bei denen Informationen ausgetauscht
werden. Die Regel des § 9 Abs. 2 UIG sollte daher auf natürliche
Personen des Privatrechts beschränkt werden.
Hinsichtlich der Gegenausnahmen gilt sinngemäß
das für § 9 Abs. 1 UIG Ausgeführte.
XII. Kosten (§ 12 UIG, UIGKostV)
Gemäß § 12 UIG werden für
die Übermittlung von Informationen Kosten erhoben. Diese setzen
sich aus Gebühren und Auslagen zusammen (§ 12 Abs. 1 S. 1 UIG),
die nur bei bestimmten Fällen nicht erhoben werden (§ 12 Abs.
1 S. 2 UIG). Hinsichtlich der Kostenerhebung besteht keine zwingende
europarechtliche Pflicht, es existiert lediglich die Möglichkeit
einer nationalen Regelung.
Während eine Erhebung von Auslagen nachvollziehbar
ist, ist eine Erhebung von Gebühren abzulehnen. Die Erteilung
umfangreicher schriftlicher Auskünfte (Nr. 1.2, 1.3 der Anlage
zu § 1 Abs. 1 UIGKostV) und die Herausgabe von Duplikaten sollten
wie die Einsichtnahme vor Ort gebührenfrei sein. Bliebe es
bei der jetzigen Regelung, müssten Antragsteller gemäß
der Anlage zu § 1 Abs. 1 UIGKostV mit Gebühren bis zu 500 €
rechnen, was eine Abschreckungswirkung zur Folge hätte.
Selbst wenn eine allgemeine Gebührenfreiheit
nicht eingeführt werden sollte, wäre es angemessen, das
ehrenamtliche Engagement im Umweltschutz zu fördern und nicht
durch eine Gebührenerhebung zu behindern. Daher wäre es
zumindest geboten, bei anerkannten Naturschutzverbänden sowie
Vereinigungen und einzelnen Personen, die sich in vergleichbarer
Weise für die Ziele des Umwelt- und Naturschutzes einsetzen,
soweit sie eine Bestätigung des BMU vorlegen, die dies bestätigt,
von einer Gebührenerhebung abzusehen.
Unabhängig hiervon sollte das Recht
eines Antragstellers auf einen verbindlichen Kostenvoranschlag seitens
der informationspflichtigen Stelle im UIG und der UIGKostV normiert
werden. Nach Erhalt eines derartigen Kostenvoranschlags kann ein
Antragsteller entscheiden, ob er den UIG-Antrag weiter verfolgt
oder wegen zu hoher Kosten zurückzieht. Eine solche Regelung
wäre eine zusätzliche Maßnahme zur effektiven Wahrnehmung
des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die auf Grund von
Art. 176 EGV und Erwägungsgrund 24 der Umweltinformationsrichtlinie
eingeführt werden könnte.
XIII. Schlussfolgerung
Der vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur
Neugestaltung des UIG bedarf an zahlreichen Stellen der Änderung.
In der derzeitigen Form ist er abzulehnen.
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