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Umweltverbände lehnen MVA-Anlagenbau ab

EURO-Park-Müllverbrennung –
gefährdet Landwirtschaft, Mensch und Umwelt
Auslastung unklar – Mülltourismus befürchtet

Hannover, 12. Januar 2004 - Die Umweltschutzverbände DAS BESSERE MÜLLKONZEPT e.V. Bundesverband Deutschland, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), der BUND-Niedersachsen, der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen und der NABU-Niedersachsen lehnen den Bau von Müllverbrennungsanlagen in der Grafschaft Bentheim, an der niederländischen Grenze ab. Sie befürchten durch den Bau einer MVA im sogenannten EURO-Park Gefahren für Landwirtschaft, Mensch und Umwelt in der Grafschaft Bentheim, im Emsland und in den benachbarten Niederlanden. Am kommenden Samstag (17. Januar) treffen sich MVA-GegnerInnen im niederländischen Coevorden zu einer Demonstration.

Das geplante Verbrennungsvolumen der Anlagen im EURO-Park und in Emlichheim von zusammen fast einer Million Tonnen gibt Anlass zu Bedenken: Woher der Müll für die Anlagen kommen soll, haben die privaten Investoren bisher nicht bekannt gegeben. Der Landkreis Grafschaft Bentheim benötigt eine Entsorgungskapazität von lediglich 40.000 Tonnen im Jahr. "Damit wären gerade drei Prozent der neuen Anlagen ausgelastet. Dass für die Auslastung ein Mülltourismus im großen Stil betrieben werden muss, wird aber verschleiert", sagte ein Sprecher der Verbände. Die Umweltschützer kritisieren, dass bisher nicht bekannt ist, woher der Müll überhaupt angeliefert werden soll.

In einer der drei geplanten Verbrennungslinien sollen auch hochgiftige Bahnschwellen verbrannt werden. Die belasteten Bahnschwellen stammen aus den Niederlanden. Dort müssten die schadstoffhaltigen Althölzer als Sondermüll kostenintensiv in speziellen Verbrennungsanlagen entsorgt werden. In Deutschland könnten sie als Biomasse verbrannt werden und würden dabei sogar noch subventioniert ! "Allein der Grenzübertritt macht aus Sondermüll keinen umweltfreundlichen Energieträger", geben die Verbände zu bedenken.

Die belasteten Hölzer müssten in Sondermüllverbrennungsanlagen bei mind. 1.100 ° Celsius entsorgt werden. Die geplante Verbrennung bei nur 850 ο C und Chlorgehalten von über einem Prozent in den Abgasen bezeichneten die Umweltverbände als unzureichend. Die Regellungen zur Umsetzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (17. BimSchV) schreibe deshalb höhere Temperaturen vor, als im Euro-Park geplant.

Die Verbände kritisieren weiter den veralteten Stand der geplanten Technik. So soll in den Anlagen eine dreistufige Reinigungsanlage (Trockenabsorption) zur Filterung der Rauchgase zum Einsatz kommen. In modernen Müllverbrennungsanlagen sind hingegen 6-8 Reinigungsstufen technischer Standard.

"Wir befürchten eine außerordentliche große Belastung für die Region. Das wird sich erheblich auf die Lebensqualität der Menschen und auch auf den Wert von Häusern und Grundstücken auswirken."

Die Anlagen gefährden nach Ansicht von Das Bessere Müllkonzept, BBU, BUND, NABU und LBU durch die umweltbelastenden Abgase außerdem die Region als traditionellen Landwirtschaftsstandort. "Die Schadstoffe aus den Schornsteinen werden die Region insgesamt mehr belasten als die Emissionen einer Großstadt. Wir rechnen mit einer starken Schadstoffbelastung der umliegenden Ackerflächen", so der Sprecher.

Informationen zur Demonstration und der geplanten Anlage finden sich im Internet unter www.mvaeuropark.de

 

Die Kritikpunkte an den geplanten Anlagen haben wir für Sie im beiliegenden Hintergrundpapier zusammengefasst:

 

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:

DAS BESSERE MÜLLKONZEPT, Klaus Koch Tel.04107/74 73, 0175/6990730

BBU, Christine Ellermann Tel. 0228/214032

BUND-Niedersachsen, Dr. Marita Wudtke, Tel. 0511/96569-0

LBU-Niedersachsen, Wolfgang Zingler, Tel 05102/1473

NABU-Niedersachsen, Ulrich Thüre, Tel. 0511/9110527

 

 

Hintergrundpapier

1-2004

EURO-Park Müllverbrennung gefährdet
Landwirtschaft in der Grafschaft Bentheim, im Emsland und den Niederlanden

  • Hauptbetroffene der geplanten EURO-Park Abfallverbrennungsanlagen ist die Landwirtschaft - Region wird höher belastet als durch die Emissionen einer Großstadt
  • In der Region Emlichheim-/-Coevorden (NL) soll ca. 1 Mio. t Abfall "entsorgt" werden
  • In der BRD bisher einmalige Konzentrationen von Abfallverbrennungsanlagen !

Die Umweltverbände DBMK, BUND, BBU, NABU, LBU stellen gemeinsam der größten deutsch-/-niederländischen Planung von Abfall- und Altholzverbrennungsanlagen folgende Argumente entgegen:

►Keine Planungsrechtfertigung: Eine Planrechtfertigung für die Erstellung von Abfallverbrennungsanlagen für insgesamt 3 Verbrennungslinien a` 240.000 = 720.000 t/a (siehe Antragsunterlagen der Fa. Westo) im Euro-Park sowie einer weiteren im Ort Emlichheim mit 200.000 t/a über die Fa. Prokon-Nord (bereits genehmigte Altholzverbrennungsanlage) ist in der Grafschaft Bentheim abfallwirtschaftlich nicht gegeben.

►Abfallimporte: Über kreiseigene Abfallvorbehandlungsanlagen, wie die bereits bestehende mechanisch-biologische Anlage (MBA) sowie eine dadurch weiterhin nutzbare Deponie, benötigt der Kreis lediglich Entsorgungskapazitäten für 40.000 To. jährlich, die als MBA-Sortierreste anfallen. Der benötigte MVA-Kapazitätsanteil beträgt somit weniger als 3% der insgesamt geplanten Anlagen. 97% der Verbrennungskapazität wird hingegen für fremde Abfallmengen geplant, die nicht in der Grafschaft Bentheim anfallen.

►Verschlechterung der Wohn-, und Lebensqualität in-/-um Emlichheim / Coevorden: Die von den geplanten EURO-PARK-Abfallverbrennungsanlagen ausgehenden Schadstoffe, inkl. der LKW-Transporte für Abfall-Lieferungen aus fremden Regionen, werden die Wohn- und Lebensqualität der gesamten Gegend erheblich schmälern; Häuser und Grundstücke werden in ihrem Verkaufswert herabgesetzt.

►Landwirtschaftsfeindlich: Hauptsächlich betroffen von den flächig emittierten Schadstoffen ist die Landwirtschaft. Regional erzeugte Nahrungsmittel werden mit Toxinen belastet, sind dadurch schwerer absetzbar. Die Anlagenplanung ist daher als landwirtschaftsfeindlich zu bezeichnen. Die über den Schornstein ausgestoßenen Schadstoffe von ca. 1.000.000 Tonnen Abfällen jährlich (u.a. Feinstäube, NOx, SO2, HCL, Hg) werden die Region insgesamt höher belasten als die Emissionen einer Großstadt.

►Einbußen: Der Tourismusbereich, mit viel Geld neu aufgebaut, muss mit erheblichen Einbußen rechnen.

►Schadstoffe als kalkulierbares Risiko: Kinder, Jugendliche, Immungeschwächte Kranke und ältere Menschen werden bei der Festlegung von luftgetragenen Schadstoffen über sogenannte "Grenz-Werte" (TA-Luft und 17. BImSchV) nicht mitberücksichtigt. Sie zählen schon jetzt zu den Opfern eines rein nach Wirtschaftsinteressen vorgehenden Unternehmens, für das freigesetzte Schadstoffe aus Verbrennungsanlagen das kleinere, (unkalkulierbare) Risiko der Bevölkerung der Region Emlichheim-/-Coevorden darstellt.

►Altholzverbrennungsanlage: Über die Firmen Westo Prefab Betonsysteme (NL) und Pfleiderer (D) sollen aus den Niederlanden jährlich bis zu 240.000 Tonnen hochbelastete Bahnschwellen gegen Betonschwellen ausgetauscht und in der geplanten Altholzverbrennungsanlage verbrannt werden. Sowohl bei der Aufbereitung, als auch Verbrennung von giftstoffhaltigen Althölzern werden lungengängige Feinstäube freigesetzt, die krebsauslösend u. leibesfruchtschädigend wirken (PAK, Chlorwasserstoffe, Benzo-a-pyren).

►Sonderabfälle als Biomasse: Bedingt durch den hohen Schadstoffgehalt an Teerölen (pro Schwelle 10-15 Kg) gelten in Deutschland Bahnschwellen als besonders überwachungsbedürftige Abfälle. Forderung: Belastete Biomasse muss in Sondermüllverbrennungsanlagen bei mind. 1.100 Grad entsorgt werden. Die Verbrennung bei nur 850 Grad muss bei zu erwartenden Chlorgehalten von über 1% als unzureichend bezeichnet werden. Die 17. BImSchV schreibt dann höhere Temperaturen vor, als im Euro-Park geplant.

►Nicht Stand der Technik: Die im Euro-Park für die Abfallverbrennungsanlage vorgesehene Rauchgasreinigungsverfahren stellt nicht den Stand der Technik dar. (3 stufige Trockenabsorptionsanlage) Bei modernen MVAs kommen bis zu 8 Reinigungsstufen zum Einsatz, die einen Abscheidegrad von bis zu 95% unterhalb der geforderten (17. BImSchV-)Grenzwerte erreichen. Die geplante Technik wird deshalb als unzureichende Spar-Billigvariante ohne eine mögliche Vorsorgetechnik zur Schadstoffreduzierung bezeichnet, die zu Lasten der Bürger gehen würde. Sie wird deshalb von den Umweltverbänden abgelehnt.

►Energieüberschüsse: Durch vorhandene Kraftwerksanlagen bestehen bereits heute in der Region Weser-Ems Energieüberschüsse. Das ebenfalls geplante Biomasse-Kraftwerk der Fa. Prokon-Nord (200.000 To. pro Jahr - Altholz / Niederlanden) steht in direkter Konkurrenz zur Abnahme von zusätzlichen Energie-, Fernwärme-, Altholzmengen. Alternativ könnte diese bereits genehmigte Anlage den Energiebedarf von anzusiedelnden Industrie-/Gewerbetrieben im Euro-Park problemlos ermöglichen. Die zusätzliche Energieerzeugung im Euro-Park über geplante Abfallverbrennungsanlagen wird deshalb nicht benötigt. Das Argument, MVAs bauen zu müssen, um damit Energie für weitere Firmen zu erzeugen, ist damit hinfällig!

►Unzureichender technischer Wirkungsgrad: Nach den gesetzlichen Vorgaben des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) müssen Biomasse-Verbrennungsanlagen lediglich einen "Schmalspur-Wirkungs-grad" von nur 29% einhalten. Neue Kraftwärme-Koppelungsanlagen erzielen bei vollständiger Verwendung der anfallenden Wärme einen Wirkungsgrad von über 75 %. Die CO-2 Reduzierungspotentiale ließen sich somit bei effektiver Fernwärmeauskoppelung mehr als verdoppeln. Stattdessen soll für die überschüssige Wärme großflächig energieintensiver, unökologischer Unterglas-Gemüse-/Obstanbau angesiedelt werden.

►Keine Gewerbesteuern: Abfall-/-Biomasseverbrennungsanlagen müssen für die Zeit der Anlagen-Investition sowie bei Gründung von neuen Gesellschaften keine Steuern an die Kommunen zahlen. Die von lokalen Politikern erhoffte zusätzliche Einnahmequelle für die kommunalen Kassen fließen stattdessen in die Taschen von Multikonzernen (Westo Prefab Betonsysteme, Pfleiderer, SITA, Jacobs usw.).

►Keine zusätzlichen Arbeitsplätze: Spezialfirmen planen / bauen die Verbrennungsanlagen. Da diese sowohl ihre eigenen Mitarbeiter schulen u. mitbringen, werden weder regionale Baufirmen noch eine größere Anzahl an Arbeitsplätzen berücksichtigt (vollautomatisierter Verbrennungsbetrieb / lediglich Wartung).

►MVA: Schmutzigste Art der Energie-/-Wärmeerzeugung: Die Umweltverträglichkeit der Energiepolitik wird im EURO-PARK ad absurdum geführt – "Biomassekraftwerke" sollen zur CO2 Reduzierung beitragen. Was auf der einen Seite an CO2-eingespart werden soll, wird durch die Müllverbrennungsanlagen wieder umgekehrt: MVAs liefern die schmutzigste Art der Energie-/-Wärmeerzeugung und keine Ökobilanzierung.

►MVA-Abhängigkeiten: MVAs stehen lediglich im finanziellen Interesse von marktbeherrschenden Monopolunternehmen, die grenzüberschreitend Verbrennungskapazitäten zur Müllbeseitigung aufbauen. Einmal erstellte Kapazitäten verursachen auch bei ausbleiben der Müllmengen dieselben wirtschaftlichen Kosten. Letztlich wird jede Abfallvermeidung durch MVA langfristig behindert und trägt zur Abfallverteuerung bei. Abfalltransporte aus dem Ausland (Frankreich / Belgien) sind dann jederzeit zur Auslastung möglich.

Bei nur begrenzt vorhandenen Rohstoffen und bereits heute möglichen Techniken zur stofflichen Wiederverwertung von Abfällen müssen wir alle Alternativen nutzen, um Ressourcen zu schonen. Müllbeseitigung kann deshalb nicht als nachhaltige, saubere Energieerzeugung bezeichnet werden, da sie sowohl mit ihren aufkonzentrierten Giftstoffen wie MVA-Schlacken und zu deponierenden Sondermüll, als auch über die ausgestoßenen Schadstoffe über den Boden, Luft und Wasser unsere Nahrungskette langfristig belastet.

Die Umweltverbände werden deshalb gemeinsam den Widerstand der Bevölkerung in und um die Region Emlichheim / Coevorden weiterhin unterstützen !

V.i.s.d.P.: Klaus Koch
Pressesprecher / Öffentlichkeitsarbeit
für den Umweltverband
DAS BESSERE MÜLLKONZEPT
Bundesverband Deutschland e.V.

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