Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
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BBU: Widerspruch gegen die Kartierung des Meeresbodens der europäischen Meere

(Bonn, 20.12.2012) Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hat bei der Europäischen Kommission grundlegenden Widerspruch gegen die im Papier „Green Paper“ dargelegten Pläne zur Kartierung des Meeresbodens erhoben. Im Sommer hatte die Europäische Kommission das „Green Paper“ vorgelegt (Marine Knowledge 2020 from seabed mapping to ocean forecasting). Bis zum 15. Dezember konnten dazu Stellungnahmen abgegeben werden.
In der Begründung des BBU-Widerspruchs heißt es:

„1) Von 2000 bis 2010 haben 2.700 Wissenschaftler aus 80 Nationen eine  Untersuchung der Meere, den „Census of Marine Life“ vorgenommen. In dieser Art „Volkszählung“ in den Ozeanen identifizierten sie 120.000 verschiedene biologische Arten, darunter 1.200 bis dato unbekannte. Das wichtigste Ergebnis jedoch war die Einschätzung, dass dieses Ergebnis nur „ein Schnappschuss dessen ist, was die See enthält“. Die Wissenschaftler schätzten das Vorhandensein von etwa einer Million höherer Lebensformen und einer Milliarde Mikrobenarten. Wenn auch davon ausgegangen werden kann, dass die Biodiversität im europäischen Atlantik, in der Nordsee und im Mittelmeer nicht so hoch ist wie in pazifischen Gewässern, so liegt sie vermutlich doch im Vergleich aller Regionen im oberen Bereich. „Wir wissen immer noch weniger über die Meere, als über die Rückseite des Mondes.“ (Eine beteiligte Wissenschaftlerin).

2) Ein industrieller Eingriff wie geplant in dieses diffizile und weitgehend noch unbekannte Ökosystem durch die Erkundung, Kartierung, Exploration und Förderung von Rohstoffen wie Öl, Gas, Metallen, Methanhydraten oder seltenen Erden führt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon im Normalbetrieb zur Belastung oder Zerstörung des Ökosystems oder Teilen davon. Die vorgesehene Kartierung des Meeresbodens der europäischen Meere dient erklärtermaßen zur Vorbereitung dieser Entwicklung. Mit der industriellen Nutzung insbesondere der Tiefsee wird möglicherweise Leben zerstört, das wir nicht einmal kennengelernt haben. Wir wissen zu wenig über die ökologische Funktion dieses Teils unseres Globus. Darum ist die offensichtlich von der Europäischen Kommission verfolgte Strategie unverantwortlich.

3) Am Verlauf der bisherigen Nutzungen der Meere ist festzustellen, dass offensichtlich weder eine wirksame politische noch administrative Steuerung national und/oder international möglich ist. Die Industriefischerei bedroht nicht nur den Bestand ganzer Arten , zum Beispiel des Thunfisch, sie hat auch zu sozialer Verarmung von Teilen der Bevölkerung in Afrika und Fernost geführt.  Auch die Tatsache, dass es bis heute nicht durchsetzbar war, die Schadstoffemissionen der wachsenden Schiffsverkehre zu stoppen ist kein technisches Problem, sondern scheitert an den ökonomischen Interessen der Betreiber.

4 ) Die Kommission sollte nicht dem Irrtum verfallen zu glauben, dass allein ein demokratischerer Umgang mit den zu ermittelnden Daten einer Kartierung die Öffentlichkeit beruhigen könne (3.4. civil society). Die hier dargelegten Bedenken sind grundsätzlicher Natur. Sie sind hervorgerufen durch eine herrschende politische und wirtschaftszentrierte Sicht, die Natur lediglich unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Verwertbarkeit betrachtet. Diese Sicht hat der Erde bereits große, teils irreparable Schäden zugefügt. Die weitere Inbesitznahme der Ozeane durch industrielle Nutzung wäre ein Schritt mit unabsehbaren und darum nicht zu verantwortenden Folgen. Die Kommission sollte sich vielmehr dafür einsetzen, dass künftig über Recycling, Wiederverwendung, Verlängerung der Nutzungsdauer und/oder Mehrfachnutzungen Rohstoffe aller Art eingespart werden, sodass ein Zugriff auf derart sensible Bereiche wie die Tiefsee nicht erforderlich wird.

5) Das UN-Seerechtsabkommen von 1982 bezeichnet die Ozeane als „gemeinsames Erbe der Menschheit“. Eingriffe in dieses Erbe, die seine irreparable Schädigung oder Zerstörung bewirken können haben zu unterbleiben.

6) Der BBU protestiert darum mit Nachdruck gegen die Kartierung des Bodens europäischer Meere als Vorbereitung zu seiner industriellen Nutzung.“

Peter Willers vom Arbeitsbereich Meeresschutz des BBU hofft, „dass angesichts der sich abzeichnenden Inbesitznahme der Meere durch die Industrie eine öffentliche gesellschaftliche Debatte über diesen Vorgang stattzufinden hat. Mit der Entscheidung zur Kommerzialisierung der Meere sind unabsehbare Risiken verbunden.“  Der BBU will die Öffentlichkeit auf die drohenden meerespolitischen Entwicklungen hinweisen und fordert eine offene und öffentliche Debatte über die Planungen!

Informationen der Europäischen Kommission zur Kartierung der Meeresböden gibt es im Internet unter http://ec.europa.eu/dgs/maritimeaffairs_fisheries/consultations/marine-knowledge-2020/index_en.htm.

Kontakt zum Arbeitsbereich Meeresschutz des BBU: Peter Willers, Bremen, Tel. 0421 -242688, e-mail: peterw@volanet.de
          

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Der BBU ist der Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Einzelmitglieder. Er wurde 1972 gegründet und hat seinen Sitz in Bonn. Weitere Umweltgruppen, Aktionsbündnisse und engagierte Privatpersonen sind aufgerufen, dem BBU beizutreten um die themenübergreifende Vernetzung der Umweltschutzbewegung zu verstärken. Der BBU engagiert sich u. a. für menschen- und umweltfreundliche Verkehrskonzepte, für den sofortigen und weltweiten Atomausstieg, gegen die gefährliche CO2-Endlagerung und für umweltfreundliche Energiequellen.