BBU verlangt grundlegende Änderungen
für die Sicherheit von Chemieanlagen
(Bonn, 28.08.2008) Die drei Chemie-Unfälle in Nordrhein-Westfalen
innerhalb von zehn Tagen zeigen große Defizite bei der Vermeidung
schwerer Unfälle. Die drei Unfälle können nicht mehr
als isolierte Einzelfälle betrachtet werden. Unabhängig
vom konkreten Stoff und der jeweiligen Anlage muss es grundlegende
Änderungen im Bereich der Anlagensicherheit geben, um solche
Unfälle in Zukunft zu vermeiden. „Schärfere gesetzliche
Bestimmungen, strengere Kontrollen durch die Behörden und die
vermehrte Einbeziehung der Bürger und Umweltinitiativen sind
notwendig, um den Schutz der Bevölkerung vor schweren Unfällen
zu verbessern“, so Diplom-Physiker Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden
Vorstand des BBU.
Am 16.08.2008 traten in einer Lackfabrik in Mönchengladbach
größere Mengen an Kohlendioxid (CO2) aus und verletzten
mehr als 100 Menschen. Durch die Fehlfunktion einer Löschanlage
in einer Chemiefabrik in Wuppertal wurden am 21.08.2008 über
15 Tonnen CO2 emittiert. Am 25.8.2008 brach eine Überdrucksicherung
bei einer Chemieanlage in Wülfrath und setzte 300 Liter Dicyclopentadien
frei. Es wurden über 50 Menschen verletzt
Der BBU fordert nach diesen Vorfällen, die technischen Anforderungen
und die Strukturen im Bereich der Anlagensicherheit grundlegend
zu ändern:
• Mehrfach gestaffelte Sicherheitssysteme sind als verbindlicher
Stand der Sicherheitstechnik festzulegen. Bei Ausfall einer Sicherheitskomponente
muss eine andere technische Einrichtung greifen, um einen Schadstoffaustritt
in die Umgebung sicher zu verhindern.
• Die chemische Industrie ist mit der Wahrnehmung ihrer eigenen
Verantwortung im Bereich der Anlagensicherheit offensichtlich überfordert.
An die Stelle der Deregulierung zugunsten der Interessen der Industrie
muss daher zukünftig die Reregulierung im Interesse des Schutzes
der Bevölkerung treten.
• Die Umweltverwaltung muss in die Lage versetzt werden, ihre
Aufgaben im Bereich der Anlagengenehmigung und der Kontrolle von
Chemieanlagen besser als derzeit erfüllen zu können. Die
Verwaltungsstrukturreformen der letzten Jahre haben zu einem Abbau
von qualifiziertem Personal geführt. Stattdessen muss der Staat
mehr Personal für die Anlagensicherheit einstellen, um den
Schutz vor den Gefahren schwerer Unfälle sicher zu stellen.
• Die Öffentlichkeit trägt mit ihren Kenntnissen
und ihrem Engagement dazu bei, die Anwohner von Chemieanlagen und
die Umwelt zu schützen. Häufig fehlen jedoch wirksame
Mittel, um ihre Anforderungen an die Anlagensicherheit durchzusetzen.
Einzelne Bürger und Umweltinitiativen müssen daher mehr
Rechte erhalten. Die in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkten
und unterlaufenen Informations- und Beteiligungsrechte müssen
wieder hergestellt und ausgeweitet werden. Ein Höchstmaß
an Transparenz hinsichtlich konkreter Chemieanlagen, eine breite
Beteiligung der Öffentlichkeit in jedem Stadium von Verwaltungsverfahren
zu diesen Anlagen und ein umfassendes Klagerecht des Einzelnen müssen
Elemente einer verbesserten Partizipationsmöglichkeit der Bevölkerung
werden.
Für den BBU
Oliver Kalusch
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