Uranexperte: Urantransporte nach Russland
sind Atommüllexport /
Bürgerinitiativen rufen zu Protesten gegen weiteren Uranexport
auf
(Bonn, Münsterland, Gronau, 13.03.07)
Im Streit um die Zulässigkeit der hochgefährlichen Urantransporte
von der deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau nach Russland
haben sich jetzt erneut verschiedene Organisationen der Anti-Atomkraft-Bewegung
zu Wort gemeldet. In einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft in
Münster weisen der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
(BBU), das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
und der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau darauf hin, dass die strittigen
Transporte als unzulässiger Atommüll-Export und nicht
als „Wertstoff“-Export anzusehen sind.
Zum Hintergrund:
Beim Betrieb der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage fällt
in großen Mengen das so genannte abgereicherte Uranhexafluorid
(Tails) an, das für den Einsatz in Atomreaktoren wertlos ist.
Seit Jahren wird das Material von Gronau nach Russland gebracht.
In Russland soll das Uran offiziell neu angereichert werden, um
noch enthaltenes Uran-235 zu gewinnen, das dann zur Neueinspeisung
zurück nach Gronau transportiert werden soll. Strittig ist
seit geraumer Zeit, ob und in welchem Umfang das Gronauer Resturan
in Russland wirklich verarbeitet wird, wie viel wirklich nach Gronau
zurückgebracht wird, und wie viel letztlich in Russland als
Müll verbleibt. Während der Urenco-Konzern, der die Gronauer
Uranfabrik betreibt, das Gronauer Resturan beschönigend als
Wertstoff bezeichnet, bezeichnen es die Bürgerinitiativen als
Atommüll, der überhaupt nicht exportiert werden dürfte.
Im Herbst 2006 hat die russische Umweltorganisation Ecodefense bei
der Staatsanwaltschaft in Münster Strafanzeige gegen Urenco
und unbekannt wegen des Verdachts auf illegalen Atommüllexport
erstattet.
Bereits Anfang Februar wollte die Münsteraner
Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren einstellen. Deutsche
und russische Umweltschützer/innen begründeten daraufhin
in zahlreichen Schreiben an die Staatsanwaltschaft die Notwendigkeit
weiterer Ermittlungen. In diesem Zusammenhang ist jetzt das jüngste
Schreiben an die Staatsanwaltschaft zu sehen.
Brandaktueller Bericht: Kostenersparnis
durch Uranmüllexport
In ihrem Schreiben beziehen sich die Bürgerinitiativen
maßgeblich auf einen neuen Bericht des Uran-Experten Peter
Diehl, der den internationalen Uranmarkt besser als seine Jackentasche
kennt. In dem Anfang März erstellten Bericht (im Internet nachzulesen
unter http://www.wise-uranium.org/pdf/grundfdd.pdf) kommt Diehl
zu dem Ergebnis, „dass die offizielle Begründung für
den Transport der Tails nach Russland (Rückgewinnung von nutzbaren
Urananteilen aus den Tails) hinfällig geworden ist. Da die
Exporte von Tails nach Russland aber weitergehen, kann man dies
als weiteren Hinweis auf den wahren Grund für diese Exporte
sehen: Urenco eine kostengünstige Entsorgungsmöglichkeit
für die Tails zu verschaffen.“ Diehl operiert in seinem
Bericht nicht mit geschätzten Werten, sondern bezieht sich
konkret auf Zahlen, die Urenco selber veröffentlicht hat. Demzufolge
wird in Gronau der gesamten Uranmenge schon soviel Uran-235 entzogen,
dass in Russland kaum noch Uran zur Wiederanreicherung vorhanden
sein kann.
In ihrem Schreiben an die Staatsanwaltschaft bekräftigen
die Bürgerinitiativen die Forderung, dass sich die Staatsanwaltschaft
vor Ort in Russland ein Bild davon machen soll, was dort mit dem
Uran aus Gronau geschieht. Letztlich wird angeregt, dass die Staatsanwaltschaft
„intensivsten Einblick in die Firmenunterlagen der Urenco“
nimmt. „Das wäre sicherlich auch im Sinne der russischen
Umweltschützer, die die Strafanzeigen eingereicht haben. Den
Unterlagen müsste ja zu entnehmen sein, welche Uranmengen zu
welchem Zweck nach Russland geliefert wurden, und welche Mengen
davon nach Gronau zurückkehren“, betonen die Bürgerinitiativen.
Russische Umweltschützer auf Informationstour
durch Deutschland
Der BBU, das Aktionsbündnis Münsterland
gegen Atomanlagen und der AKU Gronau mutmaßen, dass noch vor
Ostern ein weiterer Sonderzug mit bis zu 1000 Tonnen Uranhexafluorid
von Gronau Richtung Russland starten könnte. Bereits jetzt
rufen die Initiativen zu Protesten gegen den Transport auf. Da passt
es auch ganz gut, dass Mitglieder der russischen Umweltorganisation
Ecodefense vom 20. – 27. März für eine Vortragsreise
nach Deutschland kommen (Termine stehen im Internet unter www.sofa-ms.de).
Aus unerklärlichen Gründen hat die Staatsanwaltschaft
Münster ein Treffen mit Ecodefense ausdrücklich abgelehnt,
obwohl die Vertreter von Ecodefense potentielle Zeugen für
die Situation bei den russischen Atomzentren sind. Dessen ungeachtet
werden die Vertreter von Ecodefense gemeinsam mit deutschen Anti-Atomkraft-Initiativen
am 26. März um 12 Uhr vor der Düsseldorfer E.ON-Zentrale
(E.ON-Platz) gegen die E.ON-Beteiligung an der Gronauer Urananreicherungsanlage
mit einer Kundgebung demonstrieren.
Weitere Informationen zu den Urantransporten nach Russland
und über die deutsche Urananreicherungsanlage gibt es u. a.
beim AKU Gronau (02562-23125), beim Aktionsbündnis Münsterland
ge¬gen Atomanlagen (0151/12702596, www.aktionsbuendnis-muensterland.de)
und beim BBU (0228-214032, www.bbu-bonn.de).
Informationen über den Besuch der russischen Delegation von
Ecodefense gilbt es im Internet unter www.sofa-ms.de.
Den neuen Bericht von Peter Diehl gibt es unter http://www.wise-uranium.org/pdf/grundfdd.pdf.
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