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Zur anhaltenden Debatte über die angebliche Notwendigkeit, mittels Atomenergie die Kohlendioxidemissionen aus der Energienutzung reduzieren zu müssen erklärt Wolfgang Kühr, energiepolitisches Vorstandsmitglied des BBU:

Atomenergie ist kein nachhaltiger Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen und des Treibhauseffektes!

Berichte über die zunehmende Erwärmung der Erdatmosphäre durch CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe sind auf der Tagesordnung. Die Atomwirtschaft läßt insbesondere nach dem Regierungswechsel in Berlin und dem Preisanstieg für Öl und Gas keine Gelegenheit aus, um Atomenergie als Lösung des Problems darzustellen. Viele Menschen fragen sich: Müssen wir jetzt nicht doch Atomenergie einsetzen, um eine Klimakatastrophe zu verhindern?

Tatsache ist: Die mit Milliardensummen weltweit ausgebaute Atomenergie kommt allenfalls zur Verringerung für die Hälfte aller klimawirksamen Emissionen in Betracht, da sie nur im energetischen Sektor verwendet wird. Trotz intensiver Bemühungen beträgt der Anteil der Atomenergie an der Weltenergieversorgung nur etwa 2,3 Prozent. Und das, obwohl nach Angaben der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) Ende 2005 weltweit 442 Atomkraftwerke mit einer Leistung von 368,6 Gigawatt (GW) bereitstanden (1GW=1 Million Kilowatt).

Vertreter der Atomwirtschaft und einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, daß sich die Klimaänderung durch den Treibhauseffekt am ehesten durch vermehrten Atomenergieeinsatz reduzieren ließe.

Bei einfacher Übertragung des Energiesystems der Bundesrepublik und von der Verbrauchsseite her gesehen, scheint die Atomenergie einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Problematik leisten zu können. Es darf jedoch nicht aus der Tatsache, daß Atomkraftwerke kaum CO2 emittieren, geschlossen werden, daß ein auf der Atomenergie basierendes Energiesystem weniger CO2 emittiert, als ein Energiesystem ohne Atomenergie.

Unterstellt wird dabei einfach, daß ein Energiesystem ohne Atomenergie einen genau so hohen Energieverbrauch haben müsse, wie jetzt, mit Atomenergie. Bei effizienterer Bereitstellung der nachgefragten Energiedienstleistung, also warme Wohnung, Transport von einem Ort zum anderen, Herstellung von Gütern usw. wäre nicht nur der Bedarf an Primärenergieträgern geringer, die Atomenergie würde auch gar nicht benötigt. Maßnahmen zur Effizienzsteigerungen sind die mit Abstand günstigste Option zur Reduzierung von CO2-Emissionen, gefolgt von der Kraft-Wärme-Kopplung, der Brennstoffsubstitution und dem Bau kleiner Windkraft- und Wasserkraftwerke.

Um nur 10 Prozent der weltweit verbrauchten Energie durch Atomstrom zu ersetzen, müßten bis 2050 mehr als 1000 neue Atomkraftwerke gebaut werden. Damit wären die auf zwischen 60 und 200 Jahre bei gleichbleibendem Verbrauch geschätzten Laufzeiten der Uranvorräte natürlich erheblich schneller erschöpft.

Alle in den letzten Jahren durchgeführten Berechnungen kamen zu dem Ergebnis, dass die Erhöhung der Nutzungseffizienz die wirksamste Maßnahme zur CO2-Reduzierung darstellt. Selbst wenn man die Risiken und Prolieferationsgefahr außer acht ließe, ist die Atomenergie keine brauchbare Strategie zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Denn nur in Vergleichen, in denen ein hoher Energieverbrauch unterstellt wird und die sich auf die Angebotsseite beschränken, jedoch ein Energiesystem nicht im Zusammenhang sehen, kann die Atomenergie scheinbar einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen darstellen. Im übrigen ist festzustellen, daß sich die Effizienz des Energiesystems in der BRD in den letzten 40 Jahren kaum verbessert hat. Hier gibt es noch gewaltige Möglichkeiten der Steigerung.

Wer auf Atomenergie setzt, erhält im schlimmsten Fall beides: Klima- und Atomkatastrophe! CO2-Emissionen durch ständig steigenden Energieverbrauch und die damit verbundene Umwelt- und Klimabedrohung sind jedoch kein Schicksal, sondern durch wirtschaftliche und politische Entscheidungen beeinflußbar.