"Europäischen Tiermehl-Tourismus im Aschaffenburger
Hafen verhindern" / BBU und Bund
Naturschutz bitten Bundes-Ministerin Renate Künast um Hilfe
Aschaffenburg. Zum Umschlagplatz für jährlich
bis zu 40 000 Tonnen Tiermehl aus Staaten der Europäischen
Union und der Schweiz werde der Aschaffenburger Hafen, sollte die
von der Hanauer Firma Rhenus dort geplante Anlage zur Schiffsentladung,
Umpackung, Verarbeitung und Neuverpackung von Tiermehl gebaut werden.
Das befürchten der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
(BBU) und die Kreisgruppe Aschaffenburg im Bund Naturschutz (BN)
Bayern. Im Namen beider Organisationen haben nun Eduard Bernhard,
Vorsitzender der BN-Kreisgruppe und Vorstandsmitglied des BBU, und
der stellvertretende Vorsitzende der BN-Kreisgruppe, Karl-Heinz
Wissel, an Bundes-Ministerin Renate Künast geschrieben und
sie um Hilfe bei der Verhinderung des Projekts und des damit verbundenen
"europäischen Tiermehl-Tourismus" gebeten.
Die Stadt Aschaffenburg hat den Bau der Anlage bereits
genehmigt. Eine Betriebsgenehmigung jedoch steht noch aus. Auf Nachfragen
der Aschaffenburger Naturschützer hat das Bayerische Staatsministerium
für Verbraucherschutz mitgeteilt, dass nicht der Freistaat,
sondern das Land Hessen für die Betriebsgenehmigung zuständig
sei. Nach Aussagen des bayerischen Verbraucherministers Eberhard
Sinner sieht die europäische Binnenmarkt-Tierseuchen-Schutzverordnung
vor, dass der "Endnutzer" – das ist in diesem Fall die
kommunale Elektrizitätsversorgung Offenbach EVO – sich den
Transportweg und auch den Betrieb in Hessen genehmigen lassen muss.
Es ist nämlich geplant, das Tiermehl vom Aschaffenburger Hafen
aus zur EVO zu bringen, wo es dann verbrannt werden soll.
Die hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger,
an die sich der BBU und die BN-Kreisgruppe Aschaffenburg daraufhin
wandten, schrieb hingegen in ihrer Antwort vom 7. Februar dieses
Jahres: Wegen der "räumlichen Lage" des geplanten
Betriebs bestehe "keine örtliche Zuständigkeit des
Landes Hessen und somit auch nicht meines Hauses". Das hessische
Sozialministerium habe die Bundesregierung bereits aufgefordert,
sich EU-weit dafür einzusetzen, dass Tiermehle unverzüglich
und ortsnah zu verbrennen seien, schrieb Lautenschläger weiter.
In ihrem aktuellen Brief an Künast äußern
sich Bernhard und Wissel nun befremdet darüber, dass das für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zuständige
Bundesministerium "unter Hinweis auf den freien europäischen
Binnenmarkt keine Möglichkeit der Abhilfe gesehen habe",
wie im Brief der hessischen Ministerin Lautenschläger nachzulesen
sei.
Bernhard und Wissel bitten Künast, die Forderung
der hessischen Ministerin nach unverzüglicher und ortsnaher
Tiermehl-Verbrennung in allen europäischen Mitgliedstaaten
zu unterstützen und "energisch und massiv" gegen
das Vorhaben im Aschaffenburger Hafen vorzugehen. Der Bau einer
Tiermehl-Anlage dort würde ungeahnte Gefahren mit sich bringen,
vor allem BSE-Seuchenrisiken für Mensch, Tier und Umwelt. So
könne zum Beispiel bei einem Brand oder einer Explosion Tiermehl
in die Umwelt entweichen und diese stark belasten.
Auch die Frage der Zuständigkeit ist nach Meinung
der Aschaffenburger Naturschützer offen. Bernhard: "Werden
etwa hessische Beamte in den Betrieb nach Aschaffenburg geschickt,
um zu kontrollieren, ob alle Auflagen eingehalten werden, oder weist
das hessische Sozialministerium bayerische Beamte an, tätig
zu werden?"
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