Rheinland-Pfälzische Bevölkerung
wird bei Stillegung /Abbau des größten deutschen Atomkraftwerkes
mit 1.308 MW Kapazität / Typ Harrisburg in Mülheim-Kärlich/Rheinland
Pfalz zum Versuchskaninchen der deutschen Atomindustrie gemacht
/ Behördliches Erörterungsverfahren zum RWE-Abbau-Antrag
beginnt am Montag, 16.06.03, 10°° Uhr in Mülheim-Kärlich,
Mehrzweckhalle Urmitz-Bahnhof
Mit zahlreichen und umfangreichen Einwendungen haben
sich Umweltverbände (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
e.V. und BUND Naturschutz) sowie die Bürgerinitiativen gegen
das AKW Mülheim-Kärlich schriftlich gegen die geplante
Stillegung und den Abbau zu Wort gemeldet.
Zur Erinnerung: RWE hatte am 18.12.02 einen entsprechenden
Antrag beim rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt
und Forsten, Mainz gestellt.
Die wichtigsten Einwendungen zum Abbau und die Stillegung
betreffen den Betreiber - die RWE AG. Die Verbände werfen dem
Unternehmen unter anderem vor, die Anlage gesetzwidrig erbaut zu
haben, nämlich auf einem anderen als dem eigentlich genehmigten
Grundstück. Daraufhin erfolgte Klagen führten am 09.09.88
dazu, daß vom Bundesverwaltungs-Gerichtshof Berlin die erste
Teil-Errichtungsgenehmigung aufgehoben wurde und der Reaktor bis
heute nicht wieder in Betrieb ging. Sie bezweifeln die nach dem
Atomgesetz nötig "Zuverlässigkeit und Fachkunde"
der RWE-Verantwortlichen, aber auch der für den Abbau vorgesehenen
Institutionen wie den lokalen TÜV-Organisationen. BBU und BN
stützen diese Zweifel auf die "serienweisen" Störfälle
und besondere Vorkommnisse in den RWE-Atomanlagen Mülheim-Kärlich,
Biblis A + B und andernorts. Bezweifelt wird, dass RWE überhaupt
die notwendigen Erfahrungen hat, um den Abbau risikofrei durchzuführen:
Handelt es sich bei dem Reaktor in Mülheim-Kärlich doch
um erstens den größten Reaktor in Deutschland (1308 MW)
und zweitens von der Bauart her um den Typ wie in Harrisburg/USA,
eine Anlage, bei der es fast zu einer Katastrophe gekommen wäre.
Bisher liegen in Deutschland nur Teilerfahrungen bzgl. eines Reaktorrückbaus
vor: Noch im Gange sind die Arbeiten beim VAK Kahl am Main (15 MW),
AKW Würgassen (600 MW), AKW Niederaichbach (107 MW) und einem
Reaktor in Greifswald (440 MW). Somit wird die Umgebungs-Bevölkerung
von Mülheim-Kärlich bzw. Rheinland-Pfalz zu "Versuchskaninchen"
der RWE bzw. der deutschen Atom-Industrie, äußerte Eduard
Bernhard, Energiepolitischer Sprecher des BBU und Bund Naturschutz.
Die Umweltverbände und Bürgerinitiativen
vermissen in den Anträgen von RWE auch essentielle Informationen:
So wird die Abbruchdauer verschwiegen, es fehlen Angaben zu den
voraussichtlichen Kosten und eventuell dafür gebildeten Rücklagen
bei RWE. Es fehlt der Nachweis einer Haftpflichtversicherung. Für
unzureichend betrachten der BBU, der BN und die Umweltinitiativen,
die ausgelegten Unterlagen und die Untersuchung zur Umweltverträglichkeitsprüfung.
Vermißt wird auch ein ausreichendes Entsorgungskonzept für
die radioaktiven Abfälle; schließlich hat die Bundesregierung
bislang kein Endlager-Konzept verwirklicht.
Ein weiteres Manko ist es laut Einwendungsschrift,
dass bislang nicht vorgesehen ist, im Zusammenhang mit der Freigabe
von Materialien aus der Anlage das gesamte messtechnisch Nuklidspektrum
zu erfassen. Dies aber sei unumgänglich für eine begründete
Aussage über die Einhaltung der Freigabekriterien und für
eine Abschätzung der aus der Freigabe resultierenden Strahlenbelastung
der Bevölkerung.
BBU und BN kündigen an, im Laufe des Erörterungstermins
und des Genehmigungsverfahrens vertieft und fundiert auf diese und
die übrigen Einwendungen einzugehen.
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