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Offener Brief

 

An Frau Staatsministerin
Silke Lautenschlager
Hessisches Sozialministerium

Wiesbaden

Bonn, Frankfurt, Aschaffenburg, 09.01.03

Per Fax

Vertrauliche Verhandlungen/Vereinbarungen zwischen Bundesländern Bayern und Hessen über hessische Betriebsgenehmigung für evtl. geplante Tiermehl-Umschlag-/Umfüllanlage in Bayern ? Spielen Ländergrenzen und BSE-Risiken keine Rolle mehr ?

Sehr verehrte Frau Staatsministerin Lautenschlager,

rein zufällig entnehmen wir einer Zeitungsmeldung, daß das Hanauer Logistik-Unternehmen Rhenus für sein im Aschaffenburger Hafen (Ortsteil Leider) gelegenes Grundstück die Genehmigung zur Errichtung bzw. für den Betrieb einer großen Tiermehl-Umschlags-/Umfüllanlage bei der Stadt Aschaffenburg beantragt hat. Da aber der endgültige Bestimmungsort angeblich ein Kraftwerk im hessischen Offenbach sein soll, wäre angeblich für die Betriebsgenehmigung Ihr Ministerium, d.h. also das Hessische Sozialministerium zuständig.

Sollte das den Tatsachen entsprechen, wäre das für uns Umweltschutzorganisationen ein Novum und ein kaum glaubhafter Vorgang !

Dies führt zu folgenden Problempunkten bzw. Fragestellungen:

  1. U.W. besteht in der Bundesrepublik keine derartige bzw. keine auf einen so großen Umschlag ausgelegte Anlage, d.h., es fehlt eine Referenzanlage !
  2. Die möglichen Umwelt-/Betriebs-Risiken bezüglich evtl. freiwerdender Tiermehlstäube in die Luft/Halle bzw. außerhalb bei Schiffs- und LKW-Entladung. Welche Schutzmaßnahmen für das Betriebs- und Entlade-Personal sind z.B. durch Tragen von Atem-Schutz-Masken und bei einem evtl. Brand notwendig ? Welche Schutzmaßnahmen bei Freiwerden in benachbarte landwirtschaftlich genutzten Flächen bzw. Gärten und Grundwasser?
  3. Die für Aschaffenburg vorgesehenen Tiermehl-Mengen sollen u.W. überwiegend per Schiff und LKW aus Ländern der Europäischen Union und der Schweiz kommen. Es handelt sich demnach um Riesen-Mengen, vermutlich um Tausende Tonnen, also "keine peanuts"!
  4. Sollten unsere Informationen zutreffen und Ihr Ministerium tatsächlich für die Aschaffenburger Betriebsgenehmigung zuständig sein, wäre für uns sehr wichtig zu wissen:
  • Welche gesetzlichen Genehmigungsverfahren in Frage kommen, z.B. Bundes-Immissionsschutz-Gesetz, Seuchenschutz, Gewerbe-Arbeitsschutz, Grundwasserschutz usw. und findet überhaupt ein öffentliches Genehmigungsverfahren mit öffentlichem Erörterungstermin und damit auch eine Verbände-Anhörung z.B. in Aschaffenburg/Bayern oder in Offenbach/Hessen statt ?
  1. Sollte eine Betriebsgenehmigung durch Ihr Ministerium erfolgen ? Werden dann Ihre Beamten / TÜV-Gutachter bzw. Gewerbe-Unfall-Aufsicht diese Aschaffenburger/bayerische Anlage auf Einhaltung hessischer Gesetzes-Auflagen kontrollieren oder erfolgt die Betriebsüberwachung/Kontrolle durch bayerische beauftragte Institutionen nach hessischen Gesetzes-Auflagen ?
  2. U.W. werden schon seit einiger Zeit - gegen den Protest von hessischen und bayerischen Umweltorganisationen - im hessischen E.ON-Kraftwerk in Groß-Krotzenburg größere Mengen an Tiermehl verbrannt. Sollen in evtl. in Zukunft auch Tiermehl-Mengen aus Aschaffenburg in Groß-Krotzenburg verbrannt werden ?
  3. Um welches hessisches Kraftwerk in Offenbach handelt es sich und hat dieses bereits eine Genehmigung für zur Verbrennung von Tiermehl- ggf. seit wann - vorliegen ?
  4. Welche Gefahren bestehen bezüglich evtl. BSE-Spuren / Bakterien in den für Aschaffenburg vorgesehenen Tiermehl-Mengen, die ja evtl. zum Großteil auf direktem Weg, d.h. unkontrolliert, beim Grenzübergang nach Deutschland kommen ?

Sehr verehrte Frau Staatsministerin Lautenschlager,

wir halten die Angelegenheit für bedenklich, zumal u.W. bis heute keine gemeinsame Absichtserklärung der Länder Hessen und Bayern hierzu vorliegt.

Wir bitten dringend um Informationen und Aufklärung.

Mit freundlichen Grüßen

für den BBU e.V., Eduard Bernhard, Vorstandsmitglied
für den BUND Hessen e.V., Michael Rothkegel, Landes-Geschäftsführer
für den BN KG Aschaffenburg, K.H. Wissel, stellv. Vorsitzender