Rede von Eduard Bernhard (BBU Vorstandsmitglied)
anlässlich Kundgebung und Protestdemonstration
gegen die atomrechtliche Genehmigung eines
atomaren Brennelement-Zwischenlagers des E.ON Atomkraftwerkes
Grafenrheinfeld bei Schweinfurt
am Sonntag, 04.05.03 in Grafenrheinfeld
Liebe Mitkämpferinnen u. Mitkämpfer!
Wie schon angekündigt, spreche ich hier für
den Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) Bonn!
Vorab bedanke ich mich bei der Bürgeraktion Umwelt- und Lebensschutz,
Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen / = BA-BI Schweinfurt für
die Durchführung der heutigen Protest-Demo und die bisher geleistete
Informations- und Widerstandsarbeit gegen das E.ON AKW Grafenrheinfeld
und nunmehr auch noch gegen ein geplantes bzw. genehmigtes atomares
Brennelement-Zwischenlager.
Meine Vorredner vor der Altmainhalle, Herr Prof. Dr. Hubert Weiger
(BN LV Bayern) sowie Prof. Dr. Buchner (TU München), haben
ja über den Großteil der wichtigsten Punkte bereits gesprochen,
so dass ich etwas weiter ausholen kann, speziell aber zur Frage:
Hat unser Widerstand noch Sinn?
Obwohl die deutsche Anti-Atom-Bewegung ja seit
über 30 Jahren - und so lange bin ich dabei - gegen diese
lebensfeindliche Strom-Erzeugung und deren Jahrtausende währende
Atom-Müll-Lawine kämpft und nunmehr die rot-grüne
Bundesregierung den "angeblichen Atomausstieg" mit dem "faulen
Kompromiss" des sogenannten "Konsens-Abkommen" mit den deutschen
Stromerzeugern wie E.ON, RWE u. En-BW usw. mit Laufzeiten bis
zu 30 Jahren, d.h. bis Mitte 2020 geschlossen hat?
Der BBU und ganz sicher auch der Bund Naturschutz,
GREEN PEACE, Robin Wood, Ärzte gegen den Atom-Tod und viele
Bürgerinitiativen vor Ort, meinen JA!
Warum? Was wurde denn - sogar zum Teil vor der Fast-Katastrophe
von Harrisburg und dem Super-Gau von Tschernobyl bisher von der
deutschen Anti-Atombewegung erreicht? Das war z.B.
- die Nicht-Inbetriebnahme des "Schnellen Brüters von
Kalkar", die Nicht-Fertigstellung des Hochtemperatur-Reaktors
von Hamm-Üntrop, Verhinderung des geplanten AKW Whyl (verbunden
mit einem halben Volksaufstand der Winzer), die Verhinderung der
geplanten Wiederaufarbeitungs-Anlage in Wackersdorf (manche von
Euch waren vielleicht bei den vielen Demos dabei), Abwehr eines
1200 MW RWE-Reaktors in Karlstein-Großwelzheim, Stillegung
u. Abbruch von 2 URAN-Brennelement-Fabriken und 1 Plutonium-Brennelementfabrik
in Hanau, Verhinderung eines 3. RWE-AKW in Biblis, Verhinderung
einer Atommüll-Reduzierungsanlage in Karlstein, Stillegung
einer Atom-Forschungs-Anlage in Karlstein-Großwelzheim,
Stillegung/Abbau mit Abbruch der WAA Karlsruhe, sowie Stillegung
bzw. Abbruch des 600 MW Störfall-Reaktors Würgessen
und die Stillegung des 1200 MW-RWE-Reaktors in Mülheim-Kärlich.
Diese Aufzählung ist sicher nicht vollständig, was man
mir verzeihen möchte!
Liebe Mitkämpferinnen und Mitkämpfer!
Das wurde in ca. 30 Jahren Widerstand erreicht!
Viele bedeutende deutsche Persönlichkeiten halfen maßgeblich
mit. Hier nur einige:
z.B. Prof. Dr. Rober Jung, Petra Kelly, Gudrun Pausewang, Prof.
Dr. Armin Weiß und Marianne Fritzen, wie auch einige - leider
zu wenige - Politiker, aber auch Umwelt-Organisationen wie der BUND/Bund
Naturschutz und viele Bürgerinitiativen
Aber das alles war nur möglich, weil besorgte und verantwortungsbewusste
Bürgerinnen und Bürger - insbesondere Eltern und auch
Lehrer - sich nicht verdummen ließen!
Nun zu Grafenrheinfeld:
Schon durch den Betrieb des E.ON-Reaktors besteht nicht nur eine
ständige Super-GAU-Möglichkeit durch menschliches und
technisches Versagen, sondern auch durch die laufende Freisetzung
von radioaktiver Strahlung in Luft, Boden u. Wasser. Gegen Flugzeug-Absturz
(großer Typ 747 mit über 100 to Kerosin) - im Unglücksfall
oder als gezielter Terroranschlag - ist der Reaktor nicht ausgelegt.
Dies geht auch aus Teil-Äußerungen der Gesellschaft für
Reaktorsicherheit /GRS hervor, die immer noch an einer Studie aufgrund
des Terror-Anschlages vom 11.09.02 (USA) arbeiten. Hinzu kommt als
weiteres Gefährdungspotential das geplante Brennelement-Zwischenlager.
Aber dazu haben meine Vorredner, die Professoren Dr. Weiger und
Dr. Buchner ja schon spezielle Ausführungen gemacht.
Alles in Allem: die Bella-Planung u. das AKW Grafenrheinfeld
müssen verhindert werden
bzw. zur Stillegung kommen.
Was können wir Umweltorganisationen und
die Bevölkerung nun in Zukunft tun?!
- Nicht resignieren, sondern weiter Anti-Atom-Widerstand leisten.
- Technische Unzulänglichkeiten aufdecken, sachlich bzw.
rechtlich und politisch verfolgen.
- Teilnahme an Protest-Aktionen.
- Wahlprüfsteine nutzen, z.B. für kommende bayerische
Landtagswahl im diesjährigen Herbst.
- Bezug von Öko-Strom und Energie-Sparmaßnahmen
realisieren.
- Unterstützung der Anti-Atom-Initiativen mit Spenden,
und das heißt hier die BA-BI Schweinfurt.
Zum Schluss darf ich mir noch einige persönliche Bemerkungen
erlauben.
Weil ich Vater von 2 Kindern bin und 3 Enkelkinder habe, und
ich mich mit den Gefahren der sogenannten "friedlichen Nutzung
der Kern- Sprich Atom-Energie - die, wir alle wissen, von der
militärischen Nutzung nicht zu trennen ist - ausführlich
ehrenamtlich beschäftigt habe, bin ich seit über 30
Jahren in der ANTI-Atombewegung engagiert.
Daher bin ich 1989 - also 3 Jahre nach der Atom-Katastrophe
von Tschernobyl mit einer Studiengruppe 14 Tage im Raum Tschernobyl
in der z.T. hochverstrahlten Ukraine und in Weißrussland
gewesen. Dabei hatten wir in Kiew Gespräche mit mehreren
schwerverstrahlten Liquidatoren - hauptsächlich Feuerwehrleute,
Soldaten u.s.w. -, die z.T. nur noch mit einer begrenzten Lebenszeit
rechneten. Auch hatten wir Kontakt mit Ärzten, die in Krankenhäusern
leukämiekranke Kinder - z.T. mit Missbildungen - betreuten.
Kurzfristige Besuche in geräumten Wohngebieten gab es ebenfalls.
Dies war für mich und die anderen 14 Mitreisenden - u.a.
von BBU / BUND / BN - ein unvergessliches Erlebnis und werden
mir bis an mein Lebensende ein unvergessliches Erlebnis und
ständige Mahnung zum Dauer-Widerstand bleiben.
Dabei ist daran zu erinnern, dass vor 8 Tagen, d.h.
am 26.04.03 der
17. Jahrestag von Tschernobyl mit über 100
000 Toten und mehreren
100 000 Verstrahlten sowie über 500 000 Evakuierten
war und die bundesdeutsche Öffentlichkeit leider hiervon kaum
berichtete.
Das alles kümmert die Verantwortlichen in den
Strom-Unternehmen und in der Politik nicht, und auch nicht, dass
wir bis heute kein Endlager für Atommüll haben, der in
unverantwortlicher Weise z.B. bei Plutonium über 24 000 Jahre
tödlich strahlt.
Das aber muss ein Ende haben,
- denn eine Fortsetzung der Atomenergie ist somit
ein Anschlag auf die Zukunft unserer Kinder und kommenden Generationen,
- und, was wir nie vergessen dürfen:
wir haben diese Erde nur von unseren Kindern
geliehen!
Deshalb lasst uns weiterkämpfen für
den Sofort-Ausstieg aus der menschenfeindlichen Atom-Energie und
damit für
die sofortige Stillegung des AKW Grafenrheinfeld
und Nicht-Realisierung des geplanten Brennelement-Zwischenlagers.
Zum Abschluss noch einmal ganz herzlichen Dank an die BA-BI für
die bisherigen Aktivitäten und insbesondere der heutigen Veranstaltung.
Als kleine Spende darf ich Ihnen, Herr Lutz, als Vorsitzendem einen
Scheck über 100 EURO vom BBU Bonn als Spende für Unkosten
- z.B. für das kommende Klageverfahren gegen das Brennelement-Zwischenlager
- überreichen.
Ihnen allen, die heute auch noch den Marsch hierher vor das AKW
gemacht haben, einen herzlichen Dank!
Kämpfen Sie mit uns weiter und einen guten Heimweg.
BBU e.V.
Eduard Bernhard, Vorstandsmitglied
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