Stellungnahme
zum Entwurf der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung
über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22.
BImSchV)
Stand des Entwurfs: 07.04.2005
Als Vertreter des BBU
gab Herr Oliver Kalusch folgende Stellungnahme ab:
Die Änderung der 22. BImSchV zur
bundesrechtlichen Umsetzung der Richtlinie 2004/107/EG vom 15.12.2004
über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft ist hinsichtlich der
nachstehend aufgeführten Aspekte unzureichend. Der Gesetzentwurf
ist überarbeitungsbedürftig und wird daher in der vorliegenden
Form abgelehnt.
Soweit im Folgenden Vorschläge über
die gemäß der Richtlinie 2004/107/EG zwingend umzusetzenden
Bestimmungen hinausgehen, ist deren rechtliche Verankerung insbesondere
auf der Grundlage von Art. 176 EGV bzw. Erwägungsgrund 7 der
Richtlinie 2004/107/EG i. V. m. Art. 176 EGV der Richtlinie möglich.
1. Festsetzung der Immissionswerte
als Zielwerte
Gemäß § 15 der 22. BImSchV
werden für Arsen, Kadmium, Nickel und PAK "Zielwerte" festgesetzt.
§ 1 Nr. 14 der 22. BImSchV enthält die Legaldefinition des
Zielwertes. Dieser ist eine "nach Möglichkeit in einem bestimmten
Zeitraum zu erreichende Immissionskonzentration". Damit ist die
Immissionskonzentration nicht zwingend einzuhalten, so dass Überschreitungen
möglich sind. Dies steht in Kontrast zu auf jeden Fall einzuhaltenden
"Immissionsgrenzwerten" für andere Stoffe (§ 1 Nr. 3 der 22.
BImSchV).
Die Einführung "abgeschwächter"
Immissionswerte – und in der Folge von Zielwerten - wird abgelehnt,
da es diesen an der notwendigen Verbindlichkeit mangelt und nicht
sicher gestellt ist, dass durch diese ein einheitlicher Mindeststandard
bzgl. des Schutzes vor Immissionen erreicht wird. Der Begriff des
Zielwertes sollte daher gestrichen werden und – nach einer redaktionellen
Überarbeitung des § 1 Nr. 3 der 22. BImSchV – durch den des
Immissionsgrenzwertes ersetzt werden.
Die Zielwerte würden zudem gemäß
Erwägungsgrund 5 S. 1 der Richtlinie 2004/107/EG und implizit
gemäß Art. 3 Abs. 3 Uabs. 2 der Richtlinie 2004/107/EG
keine Maßnahmen erfordern, die "unverhältnismäßige
Kosten mit sich bringen". Dieser Kostengesichtspunkt findet sich
auch in § 16 Abs. 1 der 22. BImSchV sowie in § 16 Abs. 3 S. 2 der
22. BImSchV. Im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes der
Bevölkerung ist dieser Ausnahmetatbestand bei der nationalen
Umsetzung der Richtlinie 2004/107/EG zu streichen.
Die Zielwerte würden gemäß
Erwägungsgrund 5 S. 2der Richtlinie 2004/107/EG und implizit
gemäß Art. 3 Abs. 3 Uabs. 2 der Richtlinie 2004/107/EG
zudem keine Maßnahmen erfordern, die über die Anwendung
der besten verfügbaren Techniken gemäß der Richtlinie
96/61/EG (IVU-Richtlinie) hinausgehen. Eine derartige Einschränkung
ist angesichts der Toxizität der zu regelnden Substanzen nicht
gerechtfertigt. Bei der nationalen Umsetzung sollte daher explizit
festgelegt werden, dass in der Bundesrepublik Deutschland zur Einhaltung
der Werte auch Maßnahmen eingefordert und ergriffen werden
können, die über die Anwendung der besten verfügbaren
Techniken gemäß der Richtlinie 96/61/EG hinausgehen
2. Weitergehende Reduzierung der
Immissionswerte
Die Zielwerte des § 15 der 22. BImSchV
dürfen gemäß § 16 Abs. 1 der 22. BImSchV ab dem
31.12.2012 nicht überschritten werden.
Diese Regelung ist unzureichend. Erforderlich
wäre eine weitere, sich zeitlich anschließende und gestaffelte
Reduzierung der Immissionswerte.
3. Immissionsmessstellen
Die Bestimmungen der Richtlinie 2004/107/EG
zur Festlegung der Raster für Immissionsmessstellen scheinen
primär finanziell und nicht ökologisch motiviert zu sein.
So ist in der Begründung des BMU
zum Verordnungsentwurf unter Abschnitt A. 4. b) aa) zu lesen:
"Um die Kosten auf ein vertretbares Maß
zu begrenzen, hat die Bundesregierung bei den Ratsverhandlungen
zu dieser Luftqualitätsrichtlinie erfolgreich darauf hingewirkt,
dass der Mehraufwand der Bundesländer für Messungen und
den Messstellenbetrieb nicht über die unvermeidbaren Kosten
hinausgeht; u.a. wurden eine deutlich geringere Messstellendichte
und die Möglichkeit der Nutzung von Stichprobenmessungen gegenüber
dem ursprünglichen Kommissionsentwurf durchgesetzt."
Eine derartige Verfahrensweise ist abzulehnen,
Erforderlich ist vielmehr die Realisierung eines flächendeckenden
Netzes von Messstellen zur realistischen Beurteilung der Immissionssituation.
Daher sollte insbesondere von den Kriterien
zur Festlegung der Zahl von Probenahmestellen für ortsfeste
Messungen von Immissionskonzentrationen von Arsen, Kadmium, Quecksilber,
Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gemäß
Anhang III Nr. IV lit. a der Richtlinie 2004/107/EG für Ballungsgebiete
sowie den Kriterien zur Festlegung der Zahl von Hintergrundprobenahmestellen
abgewichen werden. Die Zahl dieser Probenahmestellen sollte deutlich
erhöht werden. Dies ist in Anlage 9 Nr. IV lit. b der 22. BImSchV
und § 17 Abs. 9 der 22. BImSchV zu berücksichtigen.
So ist es in Ballungsgebieten angemessen,
pro 100.000 Einwohner eine Messstelle zu installieren, wenn die
maximalen Konzentrationen oberhalb der unteren Beurteilungsschwelle
liegen. In den Flächenstaaten erscheinen zusätzlich jeweils
zwei Hintergrundmessstellen geboten, in den Stadtstaaten zusätzlich
jeweils eine Hintergrundmessstelle.
4. Umsetzung von Art. 9 der Richtlinie
2004/107/EG
Gemäß Art. 9 der Richtlinie
2004/107/EG legen die Mitgliedstaaten Sanktionen fest, die bei einem
Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung
der Richtlinie zu verhängen sind. Sie haben alle erforderlichen
Maßnahmen zu treffen, um die Durchsetzung der Umsetzungsvorschriften
zu gewährleisten. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam,
verhältnismäßig und abschreckend sein.
Es ist nicht ersichtlich, wie Art. 9 der
Richtlinie 2004/107/EG national umgesetzt worden ist bzw. umgesetzt
werden soll. Der Verordnungsentwurf ist um entsprechende Passagen
zu ergänzen, um eine richtlinienkonforme Umsetzung zu erreichen.
In diesem Zusammenhang sind auch die Voraussetzungen
zu schaffen, die es den einzelnen BürgerInnen ermöglichen,
wirksam auf Durchsetzung der erforderlichen Maßnahmen zu klagen.
Soweit die Bundesregierung der Auffassung ist, dass solche bereits
vorliegen, ist auf diese klarstellend zu verweisen.
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