Stellungnahme
zum Referenten-Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des
Umweltauditgesetzes ( UAG )
06.12.2001
Vorbemerkung
Der Bundesverband Bürgerinitiativen
Umweltschutz ( BBU ) e. V. erkennt an, dass der vorliegende Entwurf
des BMU nicht nur die notwendige formale Anpassung an EMAS II vollzieht,
sondern auch in vielen Punkten den bisherigen Erfahrungen mit EMAS
I Rechnung trägt.
Der BBU bedauert, dass
der durch EMAS II entstandene Änderungsbedarf und der vorangegangene
Regierungswechsel nicht zum Anlass genommen wurden, die auf der
nationalen Umsetzungsebene in Struktur, Inhalt und Verfahren des
Umweltgutachtersystems aufgetretenen und erkannten Schwachstellen
konsequent anzugehen.
Der BBU begrüßt,
dass das BMU bei der Erarbeitung des Entwurfes sehr früh mit
Fachkreisen, z.B.
mit dem Umweltgutachterausschuss, in eine offene Diskussion gegangen
ist und dadurch den an
EMAS mitwirkenden und für EMAS engagierten Kreisen angemessene
Mitgestaltungsmöglich-keiten eingeräumt hat.
Da der BBU durch seine
Mitwirkung in dem das BMU beratenden Umweltgutachterausschuss (
UGA ) zu den Einzelpunkten der UAG-Novellierung Stellung bezogen
hat, werden in dieser Stellungnahme nur die Punkte behandelt, in
denen der BBU den Entwurf ausdrücklich gegen Kritik
anderer interessierter Kreise verteidigt oder in denen der BBU Unzulänglichkeiten
erkennt.
Stellungnahme
zu Einzelpunten des Entwurfes :
Zu § 4 Anforderungen an
den Umweltgutachter :
Der BBU begrüßt,
dass der Entwurf in § 4 Abs. 4 an der Muss-Bestimmung der Führung
der Berufsbezeichnung "Umweltgutachter" im beruflichen Verkehr festhält.
Dies wahrt einerseits die
Außentransparenz und bietet andererseits die Chance, den Umweltgutachter
in seiner Tätigkeit als Berater an eine berufsständische
Ethik zu binden.
Zu § 6 Unabhängigkeit
:
Für die öffentliche
Glaubwürdigkeit des EMAS-Systems spielt das Vertrauen in die
Korrektheit und
Qualität des Umweltgutachters eine wichtige Rolle. Die Unabhängigkeit
des Umweltgutachters ist dafür eine unerlässliche Voraussetzung.
Die Intention der Veränderung im Novellierungsentwurf, dieses
Kriterium in bestimmten Regelungsbereichen zu konkretisieren, wird
begrüßt.
Die bisherigen Erfahrungen
mit dem Umweltgutachtersystem in Deutschland haben gezeigt, dass
Umweltgutachter einem hohen Wettbewerbsdruck unterliegen, der u.a.
durch die Faktoren Missverhältnis
zwischen zugelassenen Umweltgutachtern und zu validierenden Organisationen,
Auswahlvorrecht der zu prüfenden Organisation über den
Umweltgutachter, Preisgestaltung der Validierung durch privatrechtliche
Verträge zwischen Umweltgutachter und zu prüfender Organisation,
verursacht wird. Diese Faktoren gefährden ganz allgemein durch
potentielle ökonomische Abhängigkeiten die Unabhängigkeit
des Umweltgutachters.
Wenngleich die Brisanz
dieses Themas nicht verkannt wird, ist zu bedauern, dass der Novellierungsentwurf
sich diesem Problem nicht stellt. Eine Poollösung, die der
Organisation den
Umweltgutachter zulost und durch Validierungsquoten gleichmäßigere
Auslastung sicherstellt, eine
Beschränkung der Revalidierungshäufigkeit durch den gleichen
Umweltgutachter könnten Ansätze zur Linderung des Wettbewerbsdrucks
und zur Sicherung der Unabhängigkeit des Umweltgutachters sein.
Unter dem Aspekt der Unabhängigkeit
ist allerdings nicht einzusehen, weshalb Hochschullehrer aus
der Regelvermutung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) nicht herausgenommen
werden, während das bei
Bediensteten der Kammern oder einer als Selbsthilfeeinrichtung für
Unternehmen dienenden Körperschaft des öffentlichen Rechts
in § 6 Abs. 3 ausdrücklich geschieht. Diese Regelung ergibt
nur einen Sinn, sofern eine Steuerung des Wettbewerbs für Umweltgutachter
beabsichtigt ist, in dem
Sinne, dass die bereits zugelassenen und oft unausgelasteten Umweltgutachter
vor wirtschaftlich bereits abgesicherten umweltgutachterlich tätigen
Hochschullehrern geschützt werden sollen.
Zu § 7 Fachkunde :
Nach wie vor werden im
UAG keine speziellen Anforderungen an den Umweltgutachter für
Qualifikationen in Umweltschutzpolitik, nachhaltige Entwicklung
und ökologischem Grundwissen gestellt. § 7 Abs.2 Nr.2 c) bezieht
sich auf "zulassungsbereichsspezifische Angelegenheiten des Umweltschutzes"
und spricht lediglich naturwissenschaftlich-umwelttechnische Fachkenntnisse
an.
Wohl geht die UGA-Fachkunderichtlinie
v.16.01.2001 in Punkt 3 darauf ein, eine Anforderung im UAG wäre
aber wesentlich verbindlicher.
Bei Aufnahme solcher Qualifikationsanforderungen
stünde aus Gleichgewichtsgründen der Wissensgebiete
Ökologie und Ökonomie einer Wiederaufnahme des in § 7
Abs. 2 Nr. 2 b) zugunsten des Qualifikationserfordernisses "Umweltmanagement"
gestrichenen "betrieblichen Management" zusätzlich zu "Umweltmanagement
und Umwelterklärung" nichts entgegen.
Insofern wird die Spezifizierung
auf "Umweltmanagement und Umwelterklärung" nur deshalb begrüßt,
weil die bisherige Erfordernis "betriebliches Management" unzureichend
nur die ökonomische Dimension berücksichtigt hat.
§ 15 Überprüfung
von Umweltgutachtern, Umweltgutachterorganisationen und Inhabern
von
Fachkenntnisbescheinigungen.
Der BBU begrüßt,
dass im Entwurf die Überprüfungs- und Aufsichtsrechte
der DAU gestärkt und ausgebaut
worden sind.. Ein dichtes Aufsichtssystem für die EMAS-Gutachter
stärkt die Glaubwürdigkeit
des EMAS-Systems und macht qualitative Unterschiede zu anderen
Umweltmanagementzertifizierungssystemen
deutlich.
§ 21 Aufgaben des Umweltgutachterausschusses
Der BBU begrüßt
die neue Aufgabenzuweisung in § 21 Abs. 1 Nr. 4 "die Verbreitung
von EMAS zu
fördern". Damit wird der tatsächlichen Entwicklung des
UGA Rechnung getragen, der durch seine plurale, auf gesellschaftlichen
Gruppen ausgerichtete Zusammensetzung, nicht nur ein fachliches
sondern auch ein fachpolitisches Gremium darstellt und daher, bei
eigenem Willen, auch
als umweltpolitisches Instrument wirken können sollte.
In der allgemeinen Formulierung
dieser Aufgabenzuweisung wird kein Schwachpunkt gesehen, weil
dadurch der Tätigkeit des Umweltgutachterausschusses für
eine EMAS-Förderung auch wiederum
keine Beschränkungen durch das BMU auferlegt werden.
Der BBU bedauert hingegen
den Wegfall der Besetzung des Widerspruchsausschusses durch UGA-gewählte
Beisitzer ( siehe auch § 24 ). Die Übertragung der Widerspruchsverfahren
auf eine andere Behörde als das BMU entzieht den im UGA vertretenen
gesellschaftlichen Gruppen ein Mitwirkungsrecht, welches durch die
vage Möglichkeit der künftigen Hinzuziehung von UGA-benannten
Sachverständigen nur unzureichend und unverbindlich in Aussicht
gestellt wird.
§ 22 Mitglieder des Umweltgutachterausschusses
Durch eine fast unveränderte
Übernahme der alten Fassung hat sich das BMU der Chance beraubt,
eine
Dynamisierung und Demokratisierung des UGA zu bewirken. Dadurch,
dass Struktur und Sitzverteilung des UGA beibehalten wurden, bleiben
die alten Konfliktpotentiale bestehen.
Die unterschiedlichen
Sitzstärken für die Bänke der gesellschaftlichen
Gruppen benachteiligen weiterhin eklatant Gewerkschaften und Umweltverbände
und geben interessensnahen Gruppen aus Wirtschaft,
Umweltgutachtern und Wirtschaftsverwaltungen eine institutionalisierte
rechnerische Mehrheit. Gerade von der jetzigen Bundesregierung hätte
der BBU eine ausgeglichenere und damit demokratische Sitzverteilung
erwartet.
Auf der anderen Seite
wird auch die jetzige Sitzverteilung nicht den Interessen der durch
die Erweiterung der EMAS-Anwendungsbereiche zu berücksichtigenden
Branchen ( einschließlich Kommunen ) gerecht.
Der BBU schlägt daher
die Einführung einer 4-Sitze-Ausstattung jeder Bank und eine
Erweiterung des UGA auf 32 Sitze vor :
4 Wirtschaftsverbände
( bisher zusammen 6 )
4 ( Wirtschafts-) Organisationen
4 Umweltgutachter (
wie bisher )
4 Gewerkschaften (
bisher 3 )
4 Umweltverbände (
bisher 3 )
4 Umweltverwaltungen
der Länder ( wie bisher )
4 Bundesregierung
( 2 Umweltverwaltung
des Bundes ( wie bisher )
1 Wirtschaft (
wie bisher )
1 Verbraucher / Landwirtschaft
) ( neu )
4 Sonstige öffentliche
Hand
( 2 Wirtschaftsverwaltungen
der Länder ( wie bisher )
2 Städte- und Gemeinden
) ( neu )
Völliges
Unverständnis zeigt der BBU für die Beibehaltung der Vorschriften
der §§
83 und 84 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der UGA bleibt damit
einzigartig.Er
ist wohl das einzige gesetzlich verankerte und aktiv arbeitende
Beratungsgremium
eines
Bundesministeriums, dessen Mitglieder ihre Mitarbeit einschließlich
Reisekosten selber finanzieren müssen. Gerade für
die ehrenamtlich tätigen Mitgliedern der Umwelt-verbände
im UGA stellt dies eine unzumutbare finanzielle Belastung dar,
zumal die Umweltverbände zu der Bank gehören, die
den indirektesten Zugang zu EMAS besitzt.
Konnte
diese Regelung der vorherigen Umweltministerin noch als Auswuchs
wirrer neoliberaler Ideologie verstanden werden, verwundert
die Beibehaltung dieser Praxis durch den jetzigen Umweltminister
doch sehr. Hatte er doch zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt,
dass er die Partizipation in seinem Amtsbereich besonders fördern
wolle.
Bundesregierung
und Bundestag betonen ständig den Wert des Ehrenamtes und
bezeuge ihm
Anerkennung. Die gegenwärtige Verfahrenspraxis im UGA steht
dazu im Widerspruch..
Der seinerzeitige
Bundesumweltminister Töpfer hat eine noch heute gültige,
befriedigende und erfolgreiche Regelung für die Partizipation
der Umweltverbände im Bereich Normung gefunden.. Durch
die gesetzliche Verankerung der §§ 83 und 84 Verwaltungsverfahrens-Gesetz
im UAG werden solche Lösungen blockiert.
Zu § 33 Eintragung
in das EMAS-Register
und § 34 Erneuerung
der Registrierung, Streichung und vorübergehende Aufhebung
von Einträgen
Der
BBU begrüßt, dass der Entwurf der obligatorischen Behördenbeteiligung
bei der EMAS-Erst-
und Folge-Registrierung ausreichende Bedeutung einräumt.
Bezüglich
der bisher fragwürdigen vereinzelten Praxis, dass bei Nichteinhaltung
gesetzlicher Vorschriften - aber paralleler behördlicher
Duldung - eine Validierung und Registrierung erfolgen
konnte, bietet § 33 aber nicht so § 34 befriedigende Klarheit.
Der BBU vertritt die
Auffassung, dass die in der EU-Verordnung verlangte Einhaltung
gesetzlicher Vorschriften, die ja in jedem EU-Land unterschiedlich
sind, einen allgemein-verbindlichen Qualitätsstandard für
die geprüfte Organisation setzt, der erreicht werden muss.
Dabei ist es unerheblich, ob die Nichteinhaltung von einer Behörde
geahndet oder geduldet wird. Die Duldung verleiht der Umleistung
( oder in diesem Fall Nichtleistung ) der
Organisation allein keine neue Qualität.
Insofern hätte
§ 34 Abs. 1 zusätzliche Kriterien zur breit interpretierbaren
Definition "vertretbare
Gründe" ( beim Bestreiten des Vorliegens von Verstößen
durch die Organisation
) bieten sollen. Das gilt auch für die Definition "erhebliche
wirtschaftliche oder
sonstige Nachteile für die Organisation" bei Streichung
oder vorübergehender Aufhebung der Eintragung. Wer bewertet
und entscheidet hier, was "vertretbare Gründe"und
"erhebliche wirtschaftliche und sonstige Nachteile" sind ?
Natürlich muss
ausgeschlossen werden, dass eine Organisation durch Probleme
bei der Revalidierung Gefahr läuft, härter "bestraft"
zu werden, als bei normalen gesetzlichen Verstößen.
Auf der anderen Seite darf "legal compliance" kein beliebig
interpretierbares und
dehnbares EMAS-Merkmal sein. Das würde auch dem Profil
und Image der anderen EMAS-anwendenden
Organisationen schaden. Die Ausschöpfung aller Rechtswege
wird ebenfalls als Problem gesehen, weil EMAS nicht in die Sphäre
juristischen Gezerres geraten sollte. In diesem Falle wären
klare und kurze Fristsetzungen und kurze Instanzen für
die Klärung solcher Streitfälle sinnvoll.
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