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BBU erhebt Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Landratsamt Miltenberg wegen des Verdachtes auf Begünstigung im Amt zu Gunsten der Großkeramik - Fabrik Scheurich in Kleinheubach, Landkreis Miltenberg zu Lasten der Anliegerbevölkerung bzw. Umwelt

 

An die
Regierung von Unterfranken
Abt. f. Kommunale Dienstaufsicht
Petersplatz

Würzburg

Per Fax

Kleinheubach / Bonn, 11.09.03

Dienstaufsichts - Beschwerde gegen das Landratsamt Miltenberg / Verdacht auf
Begünstigung im Amt zu Gunsten der Großkeramik - Fabrik Scheurich in Kleinheubach, Landkreis Miltenberg zu Lasten der Anliegerbevölkerung bzw. Umwelt

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren!

Hiermit erheben wir Dienstaufsichts-Beschwerde gegen das Landratsamt Miltenberg wegen des Verdachtes auf Begünstigung im Amt - wie im Betreff aufgeführt - und beantragen Ihr sofortiges Eingreifen bzw. eine gründliche Überprüfung durch Ihre kommunale Dienstaufsicht.

Begründung:

Seit über drei Jahren beklagen sich Anlieger der Fa. Scheurich über temporäre, aber auf lange Jahre gesehen ständige, gravierende Geruchsbelästigungen, Gesundheitsbeeinträchtigungen und Erkrankungen beim Landratsamt Miltenberg. Trotzdem halten die Geruchs- bzw. Schadstoff-Emissionen mit den geschilderten Auswirkungen seit ca. 3 Jahren an.

Vor ca. zwei Jahren wurden wir in dieser bedauerlichen Angelegenheit von betroffenen Bürger/Bürgerinnen dringend um Beratung bzw. Unterstützung gebeten. Dabei legten wir den Betroffenen nahe, auf rein sachlicher Ebene ihr dringliches Anliegen bei der Geschäftsleitung der Fa. Scheurich und dem Landratsamt Miltenberg vorzubringen, um in einem vernünftigen Verhandlungsklima eine möglichst schnelle und zufriedenstellende Lösung zu finden.

Unser Vorschlag wurde akzeptiert und versucht zu realisieren. In diesem Zusammenhang hat der Links-Unterzeichner sowohl an einem Sachgespräch bei der Fa. Scheurich als auch mit dem Landratsamt Miltenberg teilgenommen.

Dabei wurde im Okt. 2002 dem stellvertretenden Landrat Herrn Eck bzw. seinen Mitarbeitern sowohl mündlich als auch durch Vorlage einer Photographie bewiesen, dass die Fa. Scheurich im Gesamtbaukomplex mindestens über 14 - 16 Emissions/Abluft- Einrichtungen hat.

Daraus folgt zwangsläufig:

Dass bei Ermittlung der effektiven Emission/Abluft-Stoffe an allen 14 - 16 Emission/Abluft - Einrichtungen gleichzeitig gemessen werden mußte bzw. muß. Dabei wäre zu prüfen gewesen, ob es bei den Abluft - Einrichtungen auch sog. ,,by-pass-Leitungen" gab bzw. gibt, durch die bei amtlichen Schadstoffmessungen ungemessene Abluft-Abgaben erfolgten bzw. erfolgen können.

  1. Anmerkung:
  2. Unseres Wissens - bestätigt auch durch die Kleinheubacher Aktionsgemeinschaft - hat niemals eine amtlich notwendige, d.h. vorgeschriebene, gleichzeitige Abgasmessung aller 14 bis 16 Emissionsquellen stattgefunden.

    Somit liegt u.E. ein schwerer fachlicher Mangel, d.h. ein Verstoß gegen das Bundes-Immissionsschutz-Gesetz vor, zu Gunsten des Anlagebetreibers und zu Lasten des Umweltschutzes bzw. der Umgebungsbevölkerung.

    Als vor einigen Monaten bekannt wurde, dass zwei Anlagenteile der Abluft - Einrichtungen ausgebaut werden sollten, stellte die Kleinheubacher ,,Aktionsgemeinschaft Gesunde Umwelt" schriftlich beim Landratsamt Miltenberg den Antrag, diese zwei Anlagenteile nicht sofort zu verschrotten bzw. zu entsorgen, sondern diese Teile auf höchstwahrscheinlich, innenhaftende Ablagerungen von Luftschadstoffen zu untersuchen. Dabei sollten Art und Menge Aufschluß geben über langjährige, abgegebene Schadstoffe, die eventuell gar nicht im bisherigen Messprogramm erfaßt wurden.

  3. Anmerkung:
  4. Diese schriftlich beantragte Untersuchungsmöglichkeit wurde unverständlicherweise vom Landratsamt schriftlich abgelehnt.
    Dies erfüllt für uns den Verdacht der Unterdrückung von evtl. wichtigem Beweismaterial zu Lasten der Umwelt/Umgebungsbevölkerung und zu Gunsten der Fa. Scheurich.

    Um überhaupt zu tatsachengerechten Meß - Ergebnissen für Luftschadstoffe bzw. Emissionen zu kommen, bedarf es unabdingbar der Kenntnis, welche Luftschadstoffe anfallen, und diese sind deshalb einzeln zu messen. Hierzu ist aber u.a. im Vorweg zu ermitteln, welche Rohstoffe/Materialien (z.B. Lösemittel, Glasuren, Kunststoffbeschichtungen und Tonarten, die z.B. unterschiedliche Bleianteile haben können) bei der Fa. Scheurich unter evtl. verschiedenen Betriebsbedingungen, wie z.B. Betriebstemperatur, Betriebsdruck, Sauerstoffzufuhr usw. ver- bzw. bearbeitet werden. Erst daraus lässt sich ableiten, welche Emissionen/Luftschadstoffe anfallen bzw. zu messen sind. Dabei ist auch zu untersuchen, ob es evtl. durch gleichzeitiges Auftreten von zwei oder mehr Luftschadstoffen durch synergistische Prozesse zur Bildung eines neuen, möglicherweise giftigen und gefährlichen Luftschadstoffes kommen kann, der dann evtl. unerkannt bzw. unbemerkt bleibt, aber zu Gesundheitsbelastung der Umgebungsbevölkerung führen kann.

  5. Anmerkung:

Unseres Wissens hat das Landratsamt versäumt, hierzu eine lückenlose Dokumentation für die letzten 5 Jahre verbindlich erstellen zu lassen und die Einhaltung in der Betriebsgenehmigung (nach Bundes-Immissions-Schutz-Gesetz) laufend zu kontrollieren!

Hier stellt sich die Frage: ,,Wer kontrolliert eigentlich das Landratsamt in seinen Aufgaben, und wie werden die Ergebnisse, z.B. auch Verstöße, in der Öffentlichkeit und deren Ahndung bzw. Abstellung, bekannt?"

Eine zuverlässige Dauermessung der Schadstoff-Emissionen ist u.W. nie erfolgt, obwohl die Anwohner-Beschwerden seit über drei Jahren bis heute andauern!

4) Anmerkung:

Hier liegt u.E. ein schwerwiegendes Versagen des Landratsamtes vor, denn hier hätte schon vor Jahren eine kontinuierlich arbeitende Dauer-Mess-Einrichtung installiert werden müssen, um den effektiven Umfang u. Art der Emissionen zuverlässig zu ermitteln.

Wie wir zuverlässig erfahren haben, hat eine Akteneinsicht ergeben, daß schriftliche Hinweise existieren, daß das Landratsamt im Jahr 2001 die Fa. Scheurich aufgefordert hat, bei der Produktion die Bleizusätze wieder herauszunehmen, da sich das Blei im Boden anreichern würde und bei Bodenproben nachweisbar wäre. Spätere Untersuchungen von Blei-Niederschlägen haben besorgniserregende Werte ergeben.

5) Anmerkung:

Damit ist u. E. der Beweis erbracht, daß der Anlagenbetreiber gegen gesetzliche Bestimmungen, d.h. gegen das Bundes-Immissionsschutz-Gesetz, verstoßen hat, aber dieser Sachverhalt vom Landratsamt weder veröffentlicht wurde noch eine Ahndung erfolgte.

Lt. Genehmigungsbescheid wären Emissionsmessungen alle 3 Jahre durchzuführen. Aber mit Wissen und Duldung des Landratsamtes wurde u. W. - z.B. von 1993-1998 - d.h. über 5 Jahre, überhaupt nicht gemessen.

6) Anmerkung:

Auch dieser Vorfall ist ein erschreckender Beweis des Behördenversagens.

Am 13.08.03 hat der Sachbeistand der Aktionsgemeinschaft Umwelt, Kleinheubach Herr Dr. H. Kruse, Universität Kiel, dem Landrat Herrn R. Schwing mit entsprechenden Begründungen, wie z.B., daß den Gesundheitsstörungen der Betroffenen nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachgegangen worden sei und es dringend ratsam sei, die noch ausstehende Zusammenhang-Analyse durchführen zu lassen, in der die Gesamtschadstoffbelastung der Betroffenen mit den Krankheitsbildern verglichen werden, eindringlich klargemacht, welche Versäumnisse vorliegen !

7) Anmerkung:

U.E. sind diese Ausführungen besonders gewichtig, alarmierend und kennzeichnend !

Weiter wurde bekannt, daß die Fa. Scheurich mit dem Umweltsiegel "Ökoprofit" auf Vorschlag bzw. mit Wissen und Duldung des Landratsamtes Miltenberg öffentlich ausgezeichnet wurde.

8) Anmerkung:

In Anbetracht der geschilderten Fakten, insbesondere hinsichtlich der Geruchsbelästigungen bzw. Gesundheitsbelastungen, die seit 3 Jahren andauern, betrachten wir diesen Vorfall als ungeheuerlich und als Verhöhnung der jahrelang leidenden Anliegerbevölkerung.

 

Wir beantragen hiermit die schnellstmögliche Aufnahme Ihrer Überprüfung und bitten um baldige Mitteilung der Ergebnisse.

Mit freundlichen Grüßen

BBU e.V., Bonn

Eduard Bernhard, Vorstandsmitglied

Christine Ellermann, Geschäftsführerin