Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
Prinz-Albert-Str. 73, 53113 Bonn,
Fon 0228-21 40 32, Fax 0228-21 40 33
BBU

 

 

Home
Übersicht

BBU fordert Umweltminister Trittin auf, das BfS per Eilanordnung anzuweisen, die Transportgenehmigung für den Atommülltransport von La Hague nach Gorleben in der kommenden Woche sofort zurückzuziehen

 

Herrn Bundesumweltminister
Jürgen Trittin

Berlin

per Fax

Bonn/Gorleben, 05.11.2002

Sofortiger Stopp des für den um den 12.11.02 geplanten Atom-Müll-Transport mit 12 Castor-Bahnwaggons von La Hague nach Gorleben ist wegen schwerster Mängel absolut zwingend notwendig / Dienst-Aufsichtsbeschwerden gegen das Bundesamt für Strahlenschutz

Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Trittin,

hiermit erheben wir Dienst-Aufsichtsbeschwerde gegen das Bundesamt für Strahlenschutz wegen seiner an die NCS / Nuklear-Cargo-Service, Hanau bzw. die betreffenden AKW-Betreiber erteilten oben genannten Transport Genehmigung! Weiter fordern wir Sie als vorgesetzten Fachminister auf, das BfS per Eilanordnung anzuweisen, die Transportgenehmigung sofort zurückzuziehen.

Begründung:

  1. Bereits nach Bekanntwerden des kürzlichen 16-Castor-Waggons Transportes mit hochradioaktiv abgebrannten Brennelementen aus deutschen AKW nach La Hague erhoben wir unter Anführung schwerster Sicherheitsmängel schärfsten Protest beim Bundesamt für Strahlenschutz wegen der erteilten Transportgenehmigung, zumal es sich um den größten Atommüll-Transport der Nachkriegszeit in Deutschland handelte. Hieraufhin erhielten wir zwar eine ausführliche, aber ablehnende Antwort, mit der Grundaussage "Man würde keinen Handlungsbedarf sehen" bzw. "unsere Sicherheitskritik sei unbegründet". Diese Tatsache zeigt ganz eindeutig, dass dem BfS jeglicher Bezug zur Realität fehlt!
  2. Entgegen der jahrelang praktizierten Handhabung von bis zu 3 Castor-Atommüll-Waggon-Transporten erhöht das BfS in unverantwortbarer Weise nun mehr das nukleare Risiko noch einmal um das 4- bis 6–fache.
  3. Über einen weiteren skandalösen Sicherheitsmangel berichtete vor kurzem das ARD-Magazin "Plus Minus", dass die Bruchsicherheit des Castor-Behälters bisher nur "errechnet" und damit niemals praxisgerecht getestet wurde und er für einen eventuell harten Aufprall keine Knautsch-Zone besitze, damit bliebe ggf. die ganze Energie im Behälter und führe vermutlich zu dessen Zerstörung! Die nachträgliche Handhabung mit Holzpuffern ist ein klarer Beweis des Versagens der verantwortlichen Bundesanstalt für Materialprüfung!
  4. Gerade nach dem Ereignis vom 11.09.01 erfolgen immer wieder Warnungen seitens des BKA vor Terroranschlägen auf hoch sensible Einrichtungen mit großem Katastrophenpotential. Denn solche Terroranschläge sind u.a. schon mit kleinen Handwaffen, wie einer Panzerfaust bzw. einer Stinger-Rakete, praktisch jederzeit in unserer dichtbesiedelten Bundesrepublik mit furchtbaren Folgen möglich!
  5. Dass Unfälle bei Bahntransporten mit Gefahrgütern sich in den letzten Jahren immer mehr häufen, beweisen u.a. Entgleisungen, Zusammenstöße, Bremsversagen (siehe Frankfurter Rundschau "Bremsproben werden oft abgekürzt" v. 24.10.2002)

Hinzu gehören u.a.:

1996 Brand / Explosion von 5 Kesselwagen. mit giftigem Vinylchlorid in Schönebeck

1997 Brand / Explosion von ca. 970.000 l Benzin in Elsterwerda

1997 Brand von ca. 343.000 l Diesel in Hannover Misburg

Kürzlicher Bahnunfall in Bad Münder durch Zusammenstoß infolge Bremsversagens sowie Brand / Explosion eines beladenen Kesselwagens mit giftigem Epichlorhydrin.

Im vorgenannten FR-Bericht wird u.a. nicht nur harsche Kritik an häufig fehlenden Bremsproben an Gefahrgut-Waggons ausgeführt, sondern auch durch einen Bahnexperten wie folgt bemängelt: "Technisch ist der Güterverkehr soweit wie vor 150 Jahren". Dies alles ignoriert aber das BfS, so dass nunmehr Ihre Fachabteilung gefordert ist, harte Konsequenzen zu ziehen.

  1. Völlig unberührt aber, dies trifft auch für Ihr Haus zu, läßt das BfS die Tatsache, dass zur Durchsetzung dieser Atommüll-Castor-Transporte, das Grundrecht auf friedliche Protest-Demonstrationen gegen hoch gefährliche Atommüll-Transporte und Einlagerung in Gorleben (ihrer Heimat) durch riesigen Polizeieinsatz mit über 15.000 Polizisten außer Kraft gesetzt wird!
  2. Dass sich im Atommüll-Zwischenlager Gorleben mit jedem neuen Rücktransport aus La Hague bzw. Sellafield das nukleare Risikopotential erhöht, obwohl die Anlage weder gegen Flugzeugabstürze noch gegen Terroranschläge ausreichend geschützt ist, wird sowohl in Ihrem Haus bzw. beim BfS und in dem niedersächsischen Umweltministerium stillschweigend - ebenfalls in unverantwortlicher Weise - geduldet!

Sehr geehrter Herr Bundesumweltminister Trittin!

Wir appellieren insbesondere auch im Namen der uns angeschlossenen 130 Initiativen mit ca. 150.000 Mitgliedern, zu denen auch die Ihnen wohlbekannte BI Lüchow-Dannenberg gehört, noch einmal an Sie: Ziehen Sie - insbesondere unter Berücksichtigung der aufgeführten Gründe - die überfälligen Konsequenzen und lassen Sie die vom BfS erteilte Transportgenehmigung nach Gorleben sofort zurückziehen. In Erwartung einer schnellen und hoffentlich positiven Nachricht verbleibt

mit freundlichen Grüßen

BBU e.V.

Eduard Bernhard, Energiepolitischer Sprecher

Christine Ellermann, Geschäftsführerin