Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
AG Innenraumschadstoffe und Gesundheit

 

 

Bereich Schulen

Bereich Tonergeschädigte

 

 

Giftalarm im Jahr der Chemie

Neue Arbeitsgruppe im BBU weist auf die enormen gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Schadstoffen in Innenräumen hin und fordert intelligenteren Gesundheits- und Verbraucherschutz.

  • Dramatisch zunehmende Allergien; schon bis zu 40 % der Bevölkerung sind betroffen; Kosten 3,5 Mrd. Euro/ p.A.
  • 10 % der Kinder und Jugendlichen haben Asthma; jährlich sterben Tausende an Asthma.
  • Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern nehmen dramatisch zu.
  • 60 % Frühpensionierungen bei Lehrern!
  • Ca. 350.000 neue Krebsfälle p.A.; Deutschland führt bei Leukämieerkrankungen
  • 15 % der Paare bleiben ungewollt kinderlos; immer mehr Männer sind unfruchtbar.

Hinter diesen Zahlen verstecken sich dramatische menschliche Schicksale. Krankheitskosten fressen über 11% des Bruttoinlandsproduktes. Die Ursachen der Erkrankungen sind häufig unbekannt. Umweltbelastungen werden zunehmend diskutiert, aber harte Fakten gibt es kaum oder wir haben Sie vergessen, wie die Vergiftungen von 100.000 Golfkriegssoldaten, denen die Insektizide Ihrer eigenen Kampfanzüge zum Verhängnis wurden oder Tausende Familien, die durch Holzschutzmittel nachweislich schwer geschädigt wurden. Bis heute fehlt es an konsequenter Ermittlung von Amts wegen bei chemischen Gefahren? Zudem ist Deutschland in Sachen Umweltmedizin Entwicklungsland und weiter auf dem Abstieg. Krankenkassen zahlen umweltmedizinische Behandlungen nicht. Wissenschaft und Forschung sind zunehmend von der Industrie abhängig. Am Ende hat der Betroffene meist selber Schuld.

Etwas 100.000 Chemikalien sind auf dem Markt und ständig kommen neue hinzu. Viele Produkte des alltäglichen Gebrauchs für Haushalt, Büro, Unterhaltung oder Freizeit emittieren oft unangenehm riechende Substanzen. Das Hamburger Umweltinstitut e.V. untersuchte einige typische Alltagsprodukte von der Vinyltapete bis zum Handmixer auf die analytisch nachweisbaren ausgasenden chemischen Bestandteile. Es wurde festgestellt, dass aus diesen Produkten eine große Zahl flüchtiger Chemikalien emittiert wird. Viele der nachgewiesenen Substanzen sind toxisch, einige krebserregend und andere stehen im Verdacht, das Hormonsystem und die Fortpflanzungsfähigkeit zu stören.

Kombinationswirkungen chemischer Stoffe auf den Menschen sind nicht annähernd abschätzbar. So nehmen wir tagtäglich Teil an einem gigantischen chemischen Feldversuch teil, mit offenem Ausgang - einer Art Russischem Roulett. Neben den hinlänglich bekannten Belastungen in der Nahrung kommt in unseren Breitengraden Schadstoffbelastungen in Innenräumen eine ganz besondere Bedeutung zu, denn hier halten wir uns ganz überwiegend auf, meist ohne ausreichende Frischluft, dank der Wärmeschutzverordnung in hermetisch abgeschlossenen Räumen.

Leider haben wir aus der Vergangenheit nicht viel gelernt. Der 4 jährige Versuch einer freiwilligen Selbstkontrolle der Industrie für Holzschutzmittel als Konsequenz aus dem Holzschutzmittelskandal ist nach behördlicher Einschätzung kläglich gescheitert. Auch heute noch werden formaldehydbelastete Fertighäuser hergestellt und der Schadstoff findet sich selbst in neuesten Parkettfußböden.

Zusätzliche Risiken drohen auch durch Einsatz von Fungiziden gegen Schimmelpilze in Überschwemmungsgebieten.

Millionenfach und in nahezu allen Lebensbereichen sind Laserdrucker und Fotokopiergeräte im Einsatz. Viele Toner sind erheblich mit krebserregendem Benzol, toxischen Schwermetallen und hormonell wirkendem Organozinn belastet und werden tagtäglich von den Geräten in die Raumluft geblasen. Dies kann bereits in kleinsten Spuren fatale Folgen haben und zu schweren Entzündungen der Haut und Atemwege führen, bis hin zum Asthma. 300 Verdachtsfälle auf Tonerschädigung liegen der ITG vor. Fast ausnahmslos gelingt es Fall für Fall medizinisch zu beweisen.

Hunderttausende von Schülern lernen in schadstoffbelasteten Schulen. Wegen der Krebsgefahr und der neurotoxischen Wirkung sind vor allem die Belastungen durch polychlorierte Biphenyle dramatisch. Dies ist ein Anschlag auf die Volksgesundheit und die Volkswirtschaft.

Gerade die Schadstoffbelastungen für Kinder erfordern konsequente Schutzmassnahmen. Beispielsweise das Einsammeln von schadstoffbelasteten Tonerkartuschen durch Schulkinder im Rahmen einer cleveren Recyclingaktion eines Abfallbeseitigungsunternehmens unter Schirmherrschaft der Bundesbildungsministerin stellt eine völlig unnötige Gefährdung dar.

Vor diesem Hintergrund haben sich Selbsthilfegruppen im BBU zu der neuen "Arbeitsgruppe Innenraumschadstoffe und Gesundheit" zusammengeschlossen, um sich aufgrund Ihren Erfahrungen noch wirksamer für intelligenteren Gesundheits- und Verbraucherschutz einzusetzen. Die BBU-AG umfasst die Bereiche Wohngifte, Schulen, Umweltkranke Kinder und die Interessengemeinschaft Tonergeschädigter. Sie informiert die Öffentlichkeit, berät Betroffene und setzt sich gegenüber Herstellern, Behörden und Politik für Lösungen ein. So fordert die BBU-AG den Einsatz von thermobehandeltem Holz unter weitgehendem Verzicht auf chemische Holzschutzmittel. Auch die meisten Schadstoffe in Toner sind völlig überflüssig. Durch ein intelligenteres Produktdesign lässt sich das Problem sicher lösen.

Der BBU fordert daher:

  • Förderung der Entwicklung intelligenter, humanverträglicher Produkte und Herstellungsverfahren. Umwelt- und Gesundheitskriterien müssen zu Hauptbestandteilen moderner Produktqualität werden.
  • Kennzeichnungspflicht und Einführung von Beipack-Zetteln wie im Arzneirecht für alle chemischen Stoffe und Zubereitungen, von den eine potentielle Wirkung auf den Menschen ausgehen kann
  • Durchsetzung von Handelsverboten und Auflagen für Produkte, die im dringenden Verdacht stehen gesundheitsschädigend zu sein. Einführung einer öffentlichen schwarzen Liste beim Umweltbundesamt.
  • Schaffung einer Bürgerberatungsstelle beim Umweltbundesamt
  • Beweislastumkehr bei Verdacht auf chemikalienbedingte Erkrankung.
  • Überprüfung der Entscheidungspraxis von Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bei Berufskrankheiten- und Unfallverfahren.
  • Schluss mit der Psychiatrisierung von Umweltkranken.